Vorbemerkung: Die Autoren schreiben, als hätte die israelische Regierung Entwarnung im Norden gegeben. Das hat sie nicht. Sie sagt ausdrücklich, dass abgewartet wird, ob der Waffenstillstand hält und seitens der Hisbollah die Bedingungen eingehalten werden. Dass jeder Verstoß mit Kampfhandlungen beantwortet wird. Bei diesem Artikel handelt es sich nicht um einen neutralen Bericht, sondern um einen, der subtil Stimmung gegen die Regierung Netanyahu machen soll. Daher sind auch im Text selbst gelegentlich Anmerkungen eingefügt.
Kibbuz Malkiya – Dean Sweetland starrt in der Gemeinde Kibbuz Malkiya im Norden eine verlassene Straße hinab. Die Stadt an einem Hügel mit Blick zur Grenze mit dem Libanon ist fast leer, seitdem die Einwohner vor etwa einem Jahr gezwungen waren, sie zu evakuieren.
Die Kita ist geschlossen. Die Häuser sind ungepflegt. Teile der Landschaft sind aschgrau durch von eingeschlagenen Hisbollah-Raketen ausgelöste Brände. Selbst nach einem unsicheren Waffenstillstand zwischen Israel und der Hisbollah ist die Stimmung hier alles andere fröhlich.
„Der Waffenstillstand ist Blödsinn“, sagte Sweetland, Gärtner und Mitglied des zivilen Sicherheitsteams des Kibbuz. „Erwartet ihr, dass ich meine Freunde anrufe und ihnen sage ‚Alle Familien sollten nach Hause kommen‘? Nein.“
Auf der anderen Seite der Grenze verstopfen libanesische Familien die Straßen, die es eilig haben, in den Süden des Landes zurückzukehren, aber die meisten Einwohner Nordisraels betrachten den Waffenstillstand mit Argwohn und Besorgnis. „Die Hisbollah kann immer noch an die Grenze zurückkommen und wer wird uns beschützen, wenn sie das tut?“, fragte Sweetland.
Israels Regierung will die Bereiche im Norden des Landes ins Leben zurückbringen, insbesondere die Reihe Gemeinden, die direkt an den Libanon grenzen und eine wichtige Rolle bei der Absteckung der israelischen Grenze gespielt haben.
Aber die Angst vor der Hisbollah, das mangelnde Vertrauen in die UNO-Friedenstruppen, die die Aufgabe haben den Waffenstillstand aufrechtzuerhalten, große Wut auf die Regierung und der der Wunsch ihr Leben an anderer Stelle wiederaufzubauen, halten viele von der sofortigen Rückkehr ab.
Rund 60.000 Bewohner des Nordens bleiben nach Monaten des Hisbollah-Raketenfeuers binnenvertrieben. Sie wurden kurz nach dem Einmarsch der Hamas in den Süden am 7. Oktober – bei dem rund 1.200 Menschen getötet und 251 als Geiseln genommen wurden – evakuiert, weil die Sorge bestand, dass die Hisbollah im Norden einen ähnlichen Angriff ausführen könnte und unter ständigem Raketen- und Geschossfeuer aus dem Libanon, das ohne Provokation einen Tag nach dem Hamas-Massaker begann.
Der Waffenstillstand, der am frühen Mittwochmorgen in Kraft trat, erfolgt zwei Monate, nachdem Israel in den Libanon einmarschierte, um die Angriffe der Hisbollah einzudämmen. Die vom Iran gestützte Terrororganisation hat gesagt, ihre Angriffe erfolgten in Unterstützung des Gazastreifens im Zuge des durch den Hamas-Angriff ausgelösten Kriegs.
Während der Phase der ersten 60 Tage der Waffenruhe soll die Hisbollah ihre bewaffneten Kräfte aus einem breiten Band des südlichen Libanon abziehen, von dem die IDF sagt, dass die Terrororganisation sich seit Jahren eingegraben hat, indem sie Waffen sammelte und Raketenabschussrampen und andere Infrastruktur errichtete.
Gemäß dem Waffenstillstand sollen die UNO-Friedenstruppe UNIFIL und eine verstärkte Präsenz der libanesischen Armee sicherstellen, dass die Hisbollah nicht zurückkehrt.
Viele Einwohner Nordisraels sind skeptisch, ob der Frieden halten wird. [Anmerkung d.Ü.: Frieden? Bisher gibt es gerade mal einen brüchigen Waffenstillstand! Hier redet bisher niemand von Frieden.] Sarah Gould, die zu Beginn des Krieges mit ihren drei Kindern den Kibbuz Malkiya verließ, sagte, die Hisbollah schoss bis zum Inkrafttreten und über die Minute des Inkrafttretens des Waffenstillstands am frühen Mittwochmorgen hinaus auf die Gemeinde. „Wenn die Regierung mir sagt, dass die Hisbollah neutralisiert ist“, sagte sie“, dann ist das eine einwandfreie Lüge.“
Einwohner fürchten im hohen Norden um ihre Sicherheit
Im Gazastreifen zielt Israels Gegenoffensive auf den Sturmangriff der Hamas darauf ab die Terrororganisation zu beseitigen. Aber im Libanon waren Israels Ziele darauf begrenzt, die Hisbollah von der Grenze zu drängen, damit die Einwohner des Nordens nach Hause zurückkehren können.
Israelische Kritiker sagen, die Regierung hätte weiterkämpfen müssen, um die Hisbollah vollständige lahmzulegen oder das Grenzgebiet zu säubern, das Heimat für hunderttausende Libanesen ist.
„Ich werde gar nicht erst Anfangen darüber nachzudenken nach Hause zurückzukehren, bis ich weiß, dass es eine Todeszone von mehreren Kilometern jenseits der Grenze gibt“, sagte die 46-jährige Gould.
Ein paar misstrauische Israelis sind Donnerstag und Freitag in Gebiete weiter weg von der Grenze nach Hause zurückgekehrt. Aber in Gemeinden wie dem Kibbuz Manara, der auf einem winzigen Landstreifen zwischen dem Libanon und Syrien liegt, bleiben Geisterstädte.
Einwohner fürchten im hohen Norden um ihre Sicherheit
Im Gazastreifen zielt Israels Gegenoffensive auf den Sturmangriff der Hamas darauf ab die Terrororganisation zu beseitigen. Aber im Libanon waren Israels Ziele darauf begrenzt die Hisbollah von der Grenze zu drängen, damit die Einwohner des Nordens nach Hause zurückkehren können.
Israelische Kritiker sagen, die Regierung hätte weiterkämpfen müssen, um die Hisbollah vollständige lahmzulegen oder das Grenzgebiet zu säubern, das Heimat für hunderttausende Libanesen ist.
„Ich werde gar nicht erst Anfangen darüber nachzudenken nach Hause zurückzukehren, bis ich weiß, dass es eine Todeszone von mehreren Kilometern jenseits der Grenze gibt“, sagte die 46-jährige Gould.
Ein paar misstrauische Israelis sind Donnerstag und Freitag in Gebiete weiter weg von der Grenze nach Hause zurückgekehrt. Aber in Gemeinden wie dem Kibbuz Manara, der auf einem winzigen Landstreifen zwischen dem Libanon und Syrien liegt, bleiben Geisterstädte.
Orna Weinberg (58), die in Manara geboren wurde und aufwuchs, sagte, es sei zu früh um zu sagen, ob der Waffenstillstand die Gemeinde beschützen wird.
Das oberhalb aller anderen Grenzdörfer gelegene Manara war während des Krieges besonders anfällig für Hisbollah-Feuer. Drei Viertel seiner Gebäude wurden beschädigt. In der Gemeinschaftsküche und dem Speisesaal des Kibbuz sind Deckenbalken eingestürzt. Die herausgerissenen Dielen sind infolge von Bränden mit Asche bedeckt, die auch einen Großteil des Ackerlandes des Kibbuz zerstört haben. Überall liegen Raketentrümmer. Der Torso einer Schaufensterpuppe, einer in Armeegrün gekleideten Attrappe, liegt auf dem Boden.
Weinberg versuchte während des Krieges in Manara zu bleiben, aber nachdem Splitter von Panzerabwehr-Raketen ihr Haus beschädigten, sagten Soldaten ihr, sie solle gehen. Am Donnerstag ging sie ihre Straße entlang, von wo man direkt auf einen UNIFIL-Stützpunkt sehen kann, der den Kibbuz von einer Reihe libanesischer Dörfer trennt, die von israelischem Beschuss und Abrissen zerstört worden sind.
Weinberg sagte, die UNIFIL habe in der Vergangenheit nicht verhindert, dass die Hisbollah aufrüstet, „warum also sollte sie jetzt in der Lage sein das zu tun?“
„Ein Waffenstillstand hier gibt der Hisbollah die Chance ihre Macht wiederherzustellen und an Orte zurückzukommen, aus denen sie vertrieben worden ist“, sagte sie.
Der Waffenstillstand scheint brüchig. [Anmerkung d.Ü.: So, wie das hier geschrieben ist, kann es den Eindruck erwecken, dass die Israelis Grund für die Brüchigkeit des Waffenstillstands sind, nicht die Terroristen.]
Reporter der Associated Press hörten sporadisches Gewehrfeuer – möglicherweise israelische Truppen, die auf Libanesen schießen, die versuchten in die Orte einzudringen. Die IDF sagt, sie verhindere vorläufig, dass libanesische Zivilisten in eine Reihe Orte in unmittelbarer Grenznähe nach Hause zurückkehren, bis das libanesische Militär dort in voller Stärke stationiert werden kann.
Obwohl die Atmosphäre entlang der Grenze angespannt war, zeigten sich in Malkiya Zeichen des Friedens. Da die Raketen der Hisbollah gestoppt wurden, kehrten einige Einwohner kurz in den Kibbuz zurück, um sich vorsichtig umzusehen. An einem Aussichtspunkt oberhalb der Grenze sammelten sich rund 30 Soldaten. Vor nur ein paar Tagen hätten sie ein leichtes Ziel für Hisbollah-Feuer abgegeben.
Malkiya hat weniger Schäden erlitten als Manara. Dennoch sagten Einwohner, sie würden nicht sofort zurückkehren. In dem einen Jahr der Binnenvertreibung haben viele an anderen Orten ihr Leben neu begonnen und die Vorstellung in eine Stadt an der Front zurückzukehren ist einschüchternd.
Die Regierung zahlte den Evakuierten Hotels und half die Kinder in neuen Schulen unterzubringen. Gould sagte voraus, die Einwohner könnten nur in den Kibbuz zurückkehren, wenn die Regierungszuschüsse für ihre Unterbringung versiegen – „nicht, weil sie das wollen, sondern weil sie das Gefühl haben, sie könnten sich eine Alternative nicht leiten.“
„Das ist nicht nur eine Frage der Sicherheit“, sagte Gould. „Wir haben mehr als ein Jahr unseres Lebens da verbracht, wo immer wir gelandet waren. Das ist eine Frage das zusammenzuklauben und irgendwohin zurückzuziehen, das technisch unser altes Haus, aber kein Zuhause mehr ist. Nichts fühlt sich mehr so an wie vorher.“
Es ist nicht klar, ob Schulen in den Grenzgemeinden genug Schüler haben werden, um wieder zu öffnen, sagte Gould; und ihre Kinder sind bereits in anderen Schulen angemeldet. Sie hat das Leben weit weg von der Grenze, weg von einem offenen Kriegsgebiet genossen.
Es gibt zudem ein starkes Gefühl, dass die Gemeinden von der Regierung alleingelassen wurden, sagte Sweetland.
Sweetland ist einer von etwa 25 zivilen freiwilligen Sicherheitskräften, die den Krieg über dageblieben sind, trotz ständigem Raketenfeuer den Kibbuz über Wasser gehalten haben. Sie reparierten beschädigte Häuser, löschten Brände und halfen den Generator des Kibbuz zu ersetzen, als dieser von Hisbollah-Feuer zerstört wurde. Sie waren auf sich allein gestellt, da keine Feuerwehren oder Polizei bereit das Risiko einzugehen herzukommen, sagte er.
„Wir hatten Monate lang keine Hilfe und wir bettelten: ‚Bitte helft uns.‘“ [Anmerkung d.Ü.: Das war militärisches Sperrgebiet, was erwartet er?]
Sweetland sagte, er wird weiter über die stillen Wege der einst so lebendigen Gemeinde wachen, in der Hoffnung, dass seine Nachbarn es bald sicher genug finden um zurückzukehren. Aber er sagte voraus, dass das Monate dauern wird.
Weinberg hofft, dass sie so bald wie möglich nach Manara zurückkehren kann. Am Donnerstag sah sie eine frühere Nachbarin, die gerade wieder wegfahren wollte, nachdem sie den Schaden an ihrem Haus überprüft hatte. Weinberg ergriff durch das Autofenster ihre Hand, fragte, wie es ihr geht. Die Frau zog eine Grimasse und begann zu weinen. Ihre Hände trennten sich als das Auto langsame durch die Tore rollte und sie wegfuhr.
Die Angriffe der Hisbollah auf Israel haben seit dem Oktober 2023 haben 45 Zivilisten getötet. Zusätzlich sind 76 IDF-Soldaten und -Reservisten bei den grenzübergreifenden Scharmützeln, den Angriffen auf Israel und der folgenden Bodenoffensive in den Südlibanon Ende September gestorben.
Zwei Soldaten sind bei einem Drohnenangriff aus dem Irak getötet worden und es hat auch mehrere Angriffe aus Syrien gegeben, ohne Verletzte. Die IDF schätzt, dass in dem Konflikt rund 3.500 Hisbollah-Terroristen getötet worden sind. Aus dem Libanon wurden rund100 Mitglieder anderer Gruppen, dazu hunderte Zivilisten ebenfalls als getötet gemeldet.