Keine roten Linien mehr: Netanyahus Entscheidung hat die Spielregeln verändert

Die Attacke in Doha war mehr als ein gescheiterter Anschlag: Sie markiert das Ende der Toleranz gegenüber Terrorführung im Ausland. Wer meint, Israel habe die Kontrolle verloren, irrt — Israel hat die Kontrolle zurückerobert.

Die Entscheidung, Mitglieder der Hamas-Führung in Katar anzugreifen, war nicht nur ein militärischer Akt, sondern eine politische Botschaft mit sprengkraftiger Wirkung. In der Debatte danach geht es nicht allein um Trefferquoten oder Diplomatie, sondern um Abschreckung, Glaubwürdigkeit und die Frage, welche Signale ein Staat sendet, wenn er es mit seinem Sicherheitsversprechen ernst meint. Dieser Schritt hat eine Linie durchtrennt, an der bisher zu oft gezweifelt wurde: das Zögern, die Nachsicht, das Hoffen, man könne Eskalation durch Zurückhaltung vermeiden. Das Resultat dieses Zögerns war am 7. Oktober sichtbar — nun folgt eine andere Logik: keine Immunität mehr für Terrorführer, wo immer sie sich verstecken.

Warum diese Entscheidung jetzt zählt, lässt sich nicht an einzelnen Bildern messen. Es geht um Systemveränderung: Jahrelang bewegten sich ranghohe Hamas-Vertreter zwischen Doha, Kairo und anderen Schutzhäfen, als hätten sie einen unsichtbaren Status. Ihre Freiheit, offen zu agieren, Interviews zu geben und politische Arbeit zu koordinieren, war Teil einer Realität, in der Gewalt und Verhandlung parallel existierten — oft zum Nachteil der Opfer und der inneren Abschreckung. Die Attacke, auch wenn sie im Einzelfall als gescheitert beurteilt wird, zerschlägt die Selbstverständlichkeit dieser Freiheit. Sie sagt: Die Welt, die ihr kanntet, ist vorbei.

Was sich ändert

Die unmittelbare Botschaft trifft jene, die bisher auf territoriale oder diplomatische Unantastbarkeit gesetzt haben. Wer sich im Ausland sichert fühlt, muss künftig jede Morgenroutine am Fenster neu bewerten. Es ist ein psychologischer Druck, der Abschreckung nicht allein durch materielle Zerstörung, sondern durch Verunsicherung erzeugt. Verantwortliche, die glaubten, sich hinter internationalen Beziehungen oder Verhandlungsprozessen verbergen zu können, stehen nun unter Augenmaß: Keine Rückzugsorte mehr, die faktisch als Schutzräume für Terror dienen.

Gleichzeitig ist diese Politik nicht ohne Risiko. Kritik aus Teilen der Sicherheitsapparate oder aus dem Ausland ist berechtigt, wenn sie auf mögliche diplomatische Kosten, Gefährdung von Geiseln oder Eskalationsgefahren hinweist. Doch wenn Politik jahrelang Sicherheit gegen Ruhe eingetauscht hat und das Ergebnis blutige Überraschungen sind, ist Veränderung nötig. Die Verantwortung, in kritischen Momenten Entscheidungen zu treffen, liegt bei den politischen Führern. Wer Führung will, muss auch Entscheidungen tragen — und gegebenenfalls die Folgen verantworten.

Die langfristigen Folgen

Ein Staat, der glaubwürdig signalisiert, er dulde keine ferne Straflosigkeit für solche Verbrechen, gewinnt strategisch an Raum. Abschreckung wirkt nicht nur in Tagen nach einer Operation; sie verändert Kalküle über Wochen, Monate, Jahre. Isolation, Druck und innere Spannungen könnten jene führen, die bisher als übergeordnet und unangreifbar galten, an den Verhandlungstisch treiben oder ihre Operationsfähigkeit mindern. Das ist kein Garant für sofortige Lösungen, wohl aber eine neue Ausgangslage für politische und sicherheitspolitische Optionen.

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