Haftstrafe für Kindervergewaltiger aus einer UFO-Sekte

  • von Roland M. Horn

unter der Überschrift „Ufo-Sekte: Kindervergewaltiger muss in den Knast“ vermeldete Regensburg-digital vom 17.03.2021, dass ein niederbayrischer Sektenführer namens Aryah G. am Tag der Meldung wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs zu sechs Jahren und vier Monaten Haft verurteilt wurde.

„Der Täter nutzte nach Überzeugung des Landgerichts Regensburg seine Machtstellung hochmanipulativ und planvoll aus, um jahrelang „verschiedene sexuelle Handlungen an der Tochter einer Anhängerin zu vollziehen,“

heißt es im Artikel.

Wie die Vorsitzende Richterin der Jugendschutzkammer des Landgerichts Regensburg Elke Escher feststellte, hatten die sexuellen Übergriffe im Wohnhaus des Täters ihren Anfang genommen. Dem Artikel zufolge gab es während der Beweisaufnahme nur zwei Zeugen: beides Landshuter Polizeibeamten. Der Zeuge sagte jedoch vollumfänglich aus, und so blieb der heute 16-jährigen Geschädigten eine belastende Aussage erspart. Dieser Umstand wurde vom Gericht „erheblich zugunsten des Vergewaltigers“ gewertet, der mittlerweile eine „Entschädigung“ von 50.000 Euro an zur Opfer überwiesen hat.

Das besagte Haus des Täters liegt etwas abgelegen, neben einem kleinen Bach bei einem Weiler im Dorf Rattenberg im Landkreis Straubing-Bogen. Das Haus ist ein wenig heruntergekommen und steht in einem großen verwilderten Garten, so dass der Blick ins Haus stark eingeschränkt ist. Neben einem verdreckten Pool liegen verrostete Stühle, und die Vorhänge an sowohl der Vorder- als auch der Rückseite des Hauses sind heruntergelassen. Die „dicken Autos“ (Porsches, Mercedes, BMW), die vor dem Haus stehen, wollen gar nicht so recht ins eben beschriebene Gesamtbild passen. Dieses heruntergekommene Haus ist die Zentrale des 65-hährigen o. g. Sektenführeres ‚, der hier unter dem Label „Royal Life Wellness Club“ beinahe jedes zweite Wochenende Seminare abhielt.

Anfang 2014 begann der Täter auch die damals zehnjährige Tochter einer Anhängerin u vergewaltigen. Der Guru verlangte von ihrer Mutter, sie bei ihm übernachten zu lassen, um sie „intensiver teachen“ zu können. Der Autor des Artikels, Martin Oswald, geht von einer Hörigkeit der Anhängerin aus, da diese dies zuließ. Das „intensive Teaching“ bestand wohl aus gemeinsamen Duschen, Haarewaschen, Küssen und verschiedenen sexuellen Handlungen. Bei Weigerung setze es Ohrfeigen, oder der Sektenführer zog sie an den Haaren.

Vier Jahre dauerte diese Gewalt, aber nicht nur im Hause des Täters, sondern manchmal auch im Technikraum eines Kolping-Hotels in Cham, auf dessen Parkplatz und während einer Busfahrt nach Österreich, wo die Mutter während der Vergewaltigung lediglich zwei Sitzreihen vor dem Täter und ihrer Tochter saß. Insgesamt kamen geschätzte 75 einzelne Missbrauchsfälle zustande.

In der vom Gericht verhängten Gefängnisstrafe ist eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die der Täter gerade wegen Steuerhinterziehung einsitzt, mit eingerechnet. Die Staatsanwaltschaft hatte sogar achteinhalb Jahre Gefängnis gefordert. Der Täter habe zwar eine „psychotische Grundstruktur“, sei aber „hoch manipulativ“, selbst bezogen und sei nicht im Besitz eines nennenswerten Einführungsvermögens gewesen, doch dies reiche nicht aus für eine Persönlichkeitsstörung im klinischen Sinne. Nicht einmal ein „Hang“ im Sinne des Strafgesetzbuches sei festgestellt worden.

Um auf die Sekte zu sprechen zu kommen, wird im Artikel festgestellt, dass sich mit ihr „gut Geld verdienen“ ließe, denn die Anhängerinnen hätten bis zu 750 Euro im Monat gezahlt. Die niedrigsten Jahreseinkünfte des Gurus lagen Oswald zufolge bei knapp 420.000 Euro, meistens aber deutlich über 500.000. Dazu kamen die Tagesgebühren und Strafzahlungen, die er von den Frauen verlangte – beispielsweise bei „sexuellen Verfehlungen.Einer Anhängerin soll er zu einer fünfstelligen Summe verdonnert haben, weil ihr Freund zu nachgefragt hatte, was in diesen suspekten Seminaren eigentlich so vor sich ginge. Dieser Mann habe einer Polizeibeamtin berichtete, dass der Guru eine große Nähe zu einem weiteren Kind pflegte und z. B. im Beisein anderer seine Hand an den Oberschenkel hielt.

Der Täter, ein Kubaner, der mit seinen spanischen Eltern in Florida aufwuchs, freilich betrachtete seine „Studentinnen“ als eine Art Familie. Das meiste Geld, dass er dieser „Familie“ abzwackte, betrachtete er, wie er selbst sagt, als „Schenkungen“. Der Täter spricht kein Deutsch und fürchtet eine Abschiebung in die USA, weil er eine große Bindung „zu Wald und zu den Leuten hier“ habe.

Der Täter interessierte sich schon sehr früh für Kampfsport und Zen-Philosophie. Ende der 1990er Jahre will er eine Einladung bekommen haben, „in Deutschland zu lehren“. Er ließ sich – seine Eltern waren bereits tot – von einer Fürstin adoptieren und nannte sich von nun an Fürst August von und zu Sayn-Wittgenstein, legte den Namen allerdings nach einiger Zeit weiter ab.

Regensburg-digital fand heraus, dass der Zeuge im Umfeld der süddeutschen UFO-Sektenszene bekannt ist. Dabei handelt es sich um ein Gebilde, das davon ausgeht, dass Außerirdische auf der Erde auf die eine oder andere Weise tätig sind. Doch es wird noch skurriler: Der Täter soll sich selbst für einen „Klon eines Außerirdischen“ halten. Leider wurden im Prozess keine konkreten ideologischen Inhalte seiner Gruppierung bekannt, Fragen dazu wollte er nicht antworten. Oswald stellt jedoch fest:

Körperliche Nähe, Geschlechtsverkehr, vermeintliche Reinigungs- und Heilungszeremonien und eine mögliche Errettung durch ein außerirdisches Raumschiff scheinen in der Gruppe aber eine Rolle gespielt zu haben.

Die Vergewaltigung kam mehr oder weniger durch Zufall ans Licht, nämlich im Zuge der der Finanzermittlungen. Es fällt auf, dass – wie in anderen Vergewaltigungsfällen – weder das Opfer, noch die Mutter, Anzeige erstatten. Das Opfer schien sogar eine Art „Lieblingsjüngerin“ des Gurus gewesen zu sein, schließlich durfte sie beim Essen neben im sitzen, womit sie den Neid anderer Jüngerinnen auf sich zog. Und es gibt noch eine Parallele zu anderen Vergewaltigungsfällen: Das Mädchen hatte Angst davor, dass beim Prozess nichts herauskam, ihr nicht geglaubt würde und sie und ihre Mutter am Ende sogar noch ein Strafgeld würden zahlen müssen.

Weitere Ermittlungsverfahren gegen Sektenmitglieder gibt es nicht, da „kein Anfangsverdacht vorliege“. Die UFO-Sekte selbst, traf sich indes auch nach dem Prozess weiter und führt Oswald zufolge ein „sehr klandestines, abgeschottetes Innenleben. Der Artikel endet mit dem Satz: „Und die Rollläden an der Zentrale des Sektenführers bleiben vorerst auch weiter heruntergezogen.“

Mein Freund und Kollege Lars A. Fischinger und ich beschäftigen uns bereits seit Ende der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts mit dem Thema Sekten im ufologischen Umfeld, und aus dieser Beschäftigung resultierte unser gemeinsames Buch „UFO-Sekten„.  Fischinger hat sich auch auf seinem Blog mit dem aktuellen Fall auseinandergesetzt.

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