Buchbesprechung Michael Hesemann: Die Bibel hat recht

  • von Roland M. Horn

Michael Hesemann:
Die Bibel hat recht
Archäologen auf den Spuren des Alten Testaments
Langen Müller Verlag GmbH, München 2022
ISBN: ‎ 978-3784436036
Preis: € 36.-
Gebunden, 352 Seiten, etwa 130 Farb- und etwa 100 s/w-Bilder

Um es gleich zu Beginn zu sagen: Bei diesem Werk handelt es sich um eine ausgesprochen gut recherchierte und mit zahlreichen Quellen belegte Arbeit, die beweist, dass die geschichtlichen Hintergründe des Alten Testaments stimmen. Seine Aussagen bekräftigt der Autor durch eigene Besuche an entscheidenden Orten.

Anhand eines Fundes der eisenzeitlichen Grabanlage in Ketef Hinnom nahe Jerusalem legt Hesemann ein Indiz dafür vor, dass die populäre These, nach der das Alte Testament aus verschiedenen Quellen zusammengesetzt und erst im oder nach dem Babylonisches Exil niedergeschrieben wurde, falsch ist. Ob – wie Hesemann meint – diese These durch diesen einen Fund, auf den das Indiz fusst, gänzlich zusammenbricht oder nicht, mag dahingestellt bleiben, doch liefert der Autor Anlass, eine Frage, die bereits gelöst schien, neu aufzurollen.

Weiter liefert Hesemann Beweise für die tatsächliche Zerstörung von Sodom und Gomorra durch eine Naturkatastrophe gegen 2350 v. Chr. Weiter liefert der Autor eine glaubhafte Datierung für die Ankunft Abrahams in Kanaan und andere damit zusammenhängende Ereignisse. Eine andere biblische Persönlichkeit, über die Hesemann berichtet, ist Nimrod und er setzt sich hier im Zusammenhang mit dem Turmbau zu Babel kritisch mit den Erkenntnissen des Ägyptologen David M. Rohl auseinander.

Auf den Patriarchen Abraham geht der Autor ausführlich ein und stellt fest, dass dieser keineswegs ein Hirte war, der gemächlich seine Herden auf neue Weidegründe führte, sondern eher ein charismatischer religiöse Führer, der “an der Spitze eines ganzen Stammes einer kleinen Armee in das Gelobte Land zog.” Hesemann zufolge gehörte Abraham zu den Ḫabiru, über deren Identität man in den verschiedensten Büchern die verschiedensten Ansichten lesen kann.

In Bezug auf den biblischen Jakob stellt Hesemann fest, dass es in der Zeit, als Jakob mit seinen Söhnen nach Ägypten zog, tatsächlich eine Dürre gegeben hat, wie die Bibel berichtet, und kann dies mit Aussagen von Fachleuten gut begründen. Auch das Wirken seines Sohnes Joseph in Ägypten hat deutliche Spuren hinterlassen und beispielsweise sein ehemaliger Palast in Ägypten kann nachgewiesen werden.

Bei seiner Beschäftigung mit dem Exodus kommt Hesemann auf die neue Chronologie des oben erwähnten David M. Rohl zu sprechen und kann dessen Datierung einiges abgewinnen. Rohl setzt den Exodus auf die letzten Jahre der 13. ägyptischen Dynastie an und Hesemann stellt fest, dass Massengräber (Notgräber) in Auaris (Averis) – dem wichtigsten Schauplatz der israelitischen Anwesenheit in Ägypten – “mit denen die zunächst so wohlhabende und schnell expandierende, dann plötzlich verarmte zweite Siedlungsschicht aus der 12. und 13. Dynastie urplötzlich endete” Rohls bestes Indiz für den Exodus seien. Hesemann findet darüber hinaus Belege für eine schnelle Flucht aus Ägypten – eben den Exodus. Der Autor bringt den Exodus außerdem in zeitliche Nähe mit dem Ausbruch des Vulkans von Santorin (Thera), um festzustellen, dass sich zwei der biblischen zehn Plagen durch die Santorin-Katastrophe erklären ließen. Jedoch kann der Santorin-Ausbruch bei der Datierung des Exodus nicht weiterhelfen, da seine zeitliche Einordnung umstritten ist. U. a. weist Hesemann auf eine Szenario des Exodus unter Thutmosis II. hin, das plausibel erscheint.

Eine alternative, aber ebenso interessante These hinsichtlich des Standorts des “Gottesbergs” Horeb stellt Hesemann vor, wenn er eine Behauptung aufgreift, nach der sich dieser “Gottesberg” in Wirklichkeit in Midian befand, jenem Land, in dem Moses nach seiner Flucht vor dem Pharao gelebt hat. Diese Behauptung kann Hesemann anhand der der Aufzeichnungen des jüdischen Geschichtsschreibers Flavius Josephus, jenen des ägyptischen Geografen Claudius Ptolemaios und anderen sowie späterer arabischer Schriften begründen. Eine weitere These, die Hesemann aufgreift, ist die, dass der Horeb ein Vulkan war, was durchaus zu den in der Bibel beschriebenen Geschehnissen am “Berg Sinai” passt.

Bezüglich der Durchquerung des Roten Meeres weist Hesemann auf die Darstellung von Josephus hin, die in ihrer Topographie in seiner Zeit im 1. Jh. den von Bergmassiven und der einen Wadi-Ausgang umgebenen Landzunge von Nuweiba auf der Halbinsel Sinai am Golf von Aqaba entspricht. Glaubhaft stellt er dar, warum die am Exodus teilnehmenden Personen deutlich weniger waren als in der Bibel angegeben werden – damit wird auch wohltuend klar, dass Hesemann im Gegensatz zu den Bibelfundamentalisten – die Bibel keineswegs immer wortwörtlich nimmt, sondern, dass wie hier oft Interpretationsbedarf besteht.

Dies zeigt sich auch darin, dass der Autor auf einen Widerspruch zwischen dem Buch Josua und dem Buch der Richter hinweist. Letzterem zufolge konnten die Israeliten in Kanaan nur das Bergland einnehmen, die Bewohner der Ebene jedoch konnten sie nicht vertreiben, weil sie eiserne Kampfwagen hatten. Nach dem Buch Josua hingegen scheint es so, als ob beinahe alle feindlichen Kanaaniter ausgerottet worden waren und das Land Ruhe hatte. Überhaupt war, wie Hesemann feststellt, die Eroberung des Gelobten Landes nicht etwa das Ergebnis zweier Feldzüge, sondern ein langsamer Prozess.

Während Rohl mithilfe seiner neuen Datierung beweisen kann, dass das Davidisch-salomonische Reich existiert hat, kann Hesemann sogar unter Zugrundelegung der herkömmlichen Datierung belegen, dass das Reich entgegen modernen Darlegungen tatsächlich existiert hat. Während Rohl den Pharao Schischak aus der Zeit von Salomons Sohn Rehabeam, dem ersten König Judas nach der Teilung des Reichs mit Ramses II. gleichsetzt, folgt Hesemann der traditionellen Datierung, nachdem Schischak identisch mit Schoschenk I. war.

Hesemann lobt seinen Autorenkollegen Werner Keller und dessen 1956 erschienenes Buch Und die Bibel hat doch recht über den grünen Klee. Es muss aber festgestellt werden, dass Hesemanns eigenes Buch zum Thema wesentlich informativer, tiefgründiger und insgesamt deutlich besser ist.

 

Erstveröffentlichung auf Atlantisforschung.de

 

Erhältlich (u. a.):

 

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