(Quelle Beitragsbild oben: Von Dpsu.gov.ua, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=157767831)
Der Vorfall an der polnischen Grenze zeigt, wie Russland auf günstige Drohnentypen setzt, um seine militärischen Ziele zu verfolgen. Die Gerbera ist technisch schlicht, aber strategisch nicht zu unterschätzen.
Als polnische Behörden am Mittwoch einen Drohneneinbruch meldeten, geriet ein bislang wenig bekannter Flugkörper in den Blickpunkt: die Gerbera. Dabei handelt es sich um ein unbemanntes Luftfahrzeug, das Russland seit einiger Zeit in verschiedenen Varianten nutzt. Ihr jüngster Einsatz hat deutlich gemacht, dass nicht nur große, schwere Systeme, sondern auch vergleichsweise einfache Drohnen sicherheitspolitische Wirkung entfalten können.
Die technischen Eckdaten sind überschaubar: Die Gerbera verfügt über eine Spannweite von rund 2,5 Metern, wiegt maximal 18 Kilogramm, erreicht Geschwindigkeiten von bis zu 160 Kilometern pro Stunde und kann bis zu 600 Kilometer weit fliegen. Ein kleiner Motor am Heck treibt einen hölzernen Propeller an. Gefertigt wird der Rumpf überwiegend aus leichten Materialien wie Sperrholz und Schaumstoff.
Nach Einschätzung westlicher Beobachter und des ukrainischen Geheimdienstes entstehen diese Drohnen in Russlands Yelabuga-Anlage, teils auf Basis von zivilen Bausätzen des chinesischen Herstellers Skywalker Technology. Hinzu kommen elektronische Bauteile, die auch in Europa oder den USA gefertigt werden und über Zwischenhändler nach Russland gelangen. Peking weist Vorwürfe einer direkten militärischen Unterstützung zurück und betont seine neutrale Haltung im Krieg.
Die Funktion der Gerbera ist vielseitig. Sie wird häufig als kostengünstiges Mittel eingesetzt, um die Luftabwehr des Gegners zu beschäftigen. In Kombination mit schwereren Drohnentypen kann sie als Ablenkung dienen. Es gibt jedoch auch Varianten, die mit kleineren Sprengsätzen ausgestattet sind oder zur Aufklärung genutzt werden. Experten gehen davon aus, dass Russland sie flexibel je nach Zielgebiet und Einsatzlage einsetzt.
Der jüngste Zwischenfall in Polen verdeutlicht, dass diese Drohnen nicht nur ein Thema für das ukrainische Schlachtfeld sind, sondern auch in den Luftraum von NATO-Staaten gelangen können. Selbst wenn sie technisch begrenzt sind, erzeugen sie durch ihre Reichweite und den Überraschungseffekt politische Aufmerksamkeit.
Für europäische Staaten stellt sich nun die Frage, wie sie mit solchen Szenarien umgehen wollen. Hochwertige Abwehrraketen gegen vergleichsweise einfache Drohnen einzusetzen, ist kostspielig. Daher rücken alternative Systeme wie elektronische Störsender oder Laserabwehr zunehmend in den Fokus.
Die Gerbera-Drohne ist damit weniger eine Waffe im klassischen Sinn, sondern eher ein Instrument zur Belastung gegnerischer Verteidigungsstrukturen. Ihr Auftreten über Polen macht deutlich, dass moderne Konflikte nicht nur von komplexen High-Tech-Systemen geprägt sind, sondern auch von günstigen, pragmatisch gebauten Mitteln, die dennoch erhebliche Wirkung entfalten können.