Für die UNO ist Israel das einzige Land ohne das Recht sich zu verteidigen

Im Oktober 2025 veröffentlichte die UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese einen Bericht mit einer Aussage, die so weitreichend und offenbar absurd ist, dass sie eine sorgfältige Prüfung verdient. In Absatz 41 schreibt sie:

Da die Besetzung palästinensischen Territoriums eine andauernde rechtswidrige Anwendung von Gewalt in Verletzung der UN-Charta darstellt, kann nichts, was Israel dort tut, als „defensiv“ verstanden werden.

Diese Formulierung, als einfache Anwendung des Völkerrechts präsentiert, schafft in Wirklichkeit ein logisches und rechtliches Rahmenwerk, das auf kein anderes Land der Erde angewendet wird. Bringt man ihre Implikationen zu logischen Schlussfolgerungen, dann wird deutlich, dass Albanese ein Argument konstruiert hat, das Israel – und nur Israel – das im Rahmen der UN-Charta anerkannte inhärente Recht auf Selbstverteidigung effektiv entzieht.

Albaneses Position beruht auf zwei miteinander verbundenen Behauptungen. Erstens vertritt sie die Ansicht, der Gazastreifen sei trotz des vollständigen Abzugs israelischer Streitkräfte und ziviler Siedler im Jahr 2005 weiterhin „besetzt“. Ihrer Auffassung nach – und jener des Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs von 2024 – übe Israel „effektive Kontrolle“ über Gaza durch seine Blockade von Land-, See- und Luftzugängen aus. Ich halte dies aus Gründen, die ich schon oft dargelegt habe, für absurd.

Zweitens argumentiert sie, dass Artikel 51 der UN-Charta, der jedem Staat das „inhärente Recht auf individuelle oder kollektive Selbstverteidigung im Falle eines bewaffneten Angriffs“ zusichert, nicht auf Bedrohungen aus einem Territorium anwendbar sei, das ein Staat besetzt. Wenn man ein Gebiet besetzt, so ihre Auffassung, seien Bedrohungen aus diesem Gebiet interne Sicherheitsangelegenheiten, die durch polizeiliche Mechanismen und nicht durch militärische Selbstverteidigung zu handhaben seien.

Angewandt auf den 7. Oktober 2023 führt dieses Denken zu einer bemerkenswerten Schlussfolgerung: Der Angriff der Hamas, bei dem etwa 1.200 Menschen getötet und 250 Geiseln genommen wurden, löste Israels Recht auf Selbstverteidigung nach internationalem Recht nicht aus. In Albaneses Rahmen war dies kein bewaffneter Angriff durch einen ausländischen Akteur, sondern vielmehr ein interner Sicherheitsbruch innerhalb eines besetzten Gebiets. Israels Reaktion – selbst Luftangriffe, die von israelischem Boden aus gestartet wurden, bevor Bodentruppen Gaza betraten – könne daher nach Albanese nicht als defensiv charakterisiert werden.

Das erste Problem mit Albaneses Rahmen besteht darin, dass er sich selbst widerspricht. Das gesamte rechtliche Gebäude des Besatzungsrechts setzt voraus, dass ein Besatzer tatsächliche Autorität über das besetzte Gebiet ausübt. Die Haager Landkriegsordnung von 1907, der Grundlagentext des Besatzungsrechts, besagt, dass ein Gebiet besetzt ist, wenn es „tatsächlich unter die Autorität der feindlichen Armee gestellt“ wird. Die Vierte Genfer Konvention erlegt Besatzungsmächten umfangreiche Pflichten gerade deshalb auf, weil sie effektive Kontrolle ausüben: Sie müssen die öffentliche Ordnung aufrechterhalten, das Wohlergehen der Zivilbevölkerung sicherstellen und das Gebiet verantwortungsvoll verwalten.

Wenn Gaza besetzt ist, dann hat Israel sowohl das Recht als auch die Pflicht, die Sicherheit darin zu gewährleisten. Eine Besatzungsmacht, die nicht rechtmäßig auf bewaffnete Angriffe reagieren darf, die aus einem Gebiet stammen, das sie angeblich kontrolliert, ist in keinem realen Sinne eine Besatzungsmacht. Albaneses Rahmen verlangt von uns, zu akzeptieren, dass Israel alle rechtlichen Verpflichtungen einer Besatzung trägt, während ihm die grundlegendste Befugnis, die jede Besatzungsmacht besitzen muss – die Fähigkeit, Ordnung aufrechtzuerhalten – verwehrt wird.

Noch grundlegender untergräbt sie durch ihr Beharren auf dem Status des besetzten Gazastreifens unbeabsichtigt den Besatzungsanspruch selbst. Vor dem 7. Oktober hatte Israel keine militärische oder zivile Präsenz innerhalb des Gazastreifens. Die Hamas regierte das Gebiet, erhob Steuern, betrieb Schulen und Krankenhäuser, unterhielt eigene Sicherheitskräfte und – entscheidend – baute ohne jegliche israelische Einmischung militärische Fähigkeiten auf und setzte sie ein. Wenn Israel keine routinemäßige Verwaltungsautorität innerhalb Gazas ausüben konnte, in welchem sinnvollen Sinne „besetzte“ es das Gebiet?

Ich schlage einen einfachen, gesunden Menschenverstandstest vor, um festzustellen, ob ein Gebiet tatsächlich besetzt ist: Kann der angebliche Besatzer dort einen kommunalen Müllarbeiter entlassen?

Dieser Test durchschneidet abstrakte juristische Theorien und stellt eine praktische Frage dazu, wer tatsächlich Regierungsgewalt ausübt.

Im Gazastreifen vor dem 7. Oktober lautete die Antwort eindeutig nein. Israel konnte keinen Müllarbeiter der Gaza-Stadtverwaltung entlassen, ohne eine Militäroperation zu starten, die von der Hamas, der Bevölkerung und von weiten Teilen der Welt als Invasion fremden Territoriums betrachtet worden wäre. Israel konnte keine Steuern erheben, keine Unternehmen regulieren, keine Beamten ernennen oder sein Strafrecht gegenüber der Bevölkerung des Gazastreifens durchsetzen. Um all dies zu tun, hätte es sich militärisch hineinkämpfen müssen.

Dieser praktische Test zeigt, was die abstrakte Rechtskategorie „effektive Kontrolle durch Blockade“ verschleiert: Der Gazastreifen war in keinem sinnvollen Sinne besetzt. Die Hamas übte innerhalb des Gebiets souveräne Autorität aus und Israels Kontrolle über einige Grenzen, den Seezugang und den gesamten Luftraum ersetzte keine israelische Verwaltung durch Hamas-Regierung.

Bemerkenswert ist, dass dieser Test auch die Komplexität des Westjordanlands selbst offenlegt. In Area A, wo die Palästinensische Autonomiebehörde volle zivile und sicherheitspolitische Kontrolle ausübt, kann Israel ebensowenig einen Müllarbeiter entlassen, ohne eine militärische Operation durchzuführen. Dies legt nahe, dass selbst Kritiker der israelischen Politik anerkennen sollten, dass das Westjordanland keine einheitliche Rechtseinheit ist und dass Area A eher wie eine autonome Enklave funktioniert als ein besetztes Territorium.

Das tiefergehende Problem mit Albaneses Rahmen ist, dass er einen Standard schafft, der auf kein anderes Land angewandt wird. Betrachten wir, wie das Völkerrecht mit analogen Situationen umgegangen ist: xxx

Als die Vereinigten Staaten nach dem 11. September 2001 in Afghanistan einmarschierten, wurde die Aktion weithin als rechtmäßige Selbstverteidigung gegen al-Qaida akzeptiert, obwohl US-Truppen nun auf afghanischem Boden operierten.

Als Koalitionstruppen ohne Zustimmung der syrischen Regierung nach Syrien einrückten, um gegen den IS zu kämpfen – eine möglicherweise illegale Intervention – behielten sie dennoch das Recht, sich gegen Angriffe zu verteidigen. Die Rechtmäßigkeit ihrer Präsenz hob ihr inhärentes Recht auf Selbsterhaltung nicht auf.

Artikel 51 der UN-Charta enthält keine Klausel, die besagt: „es sei denn, eure Streitkräfte befinden sich bereits auf dem Land eines anderen.“ Das Recht auf Selbstverteidigung ist territorial-unabhängig. Ein Soldat unter Beschuss kann das Feuer erwidern, unabhängig davon, ob seine Präsenz an einem bestimmten Ort rechtmäßig ist. Dies ist nicht nur ein Prinzip des Völkerrechts; es ist die Anerkennung einer grundlegenden menschlichen Realität.

Albaneses Rahmen würde das ändern – aber nur für Israel. Wörtlich genommen bedeutet ihre Position, dass israelische Truppen im Westjordanland nicht zurückschießen dürfen, wenn sie angegriffen werden und dass Israel keine Raketen aus dem Gazastreifen abfangen darf, bis sie sich physisch über israelischem Territorium befinden. Kein anderes Land sieht sich einer solchen Einschränkung gegenüber. Kein anderes Land wird belehrt, dass es, weil es mit um ein Gebiet einem Nachbarn streitet oder eine militärische Präsenz in umstrittenen Gebieten unterhält, das Recht verwirkt hat, seine Bürger zu verteidigen.

Albanese versucht, ihre Position abzumildern, indem sie anerkennt, dass Israel ein „Recht auf Schutz“ seines Territoriums und seiner Bürger habe. Doch dieses enge Zugeständnis, beschränkt auf gezielte, polizeiliche Maßnahmen, ist Welten entfernt von den umfassenden Selbstverteidigungsrechten, die Artikel 51 gewährt. Wenn 3.000 bewaffnete Kämpfer die Grenze durchbrechen, Zivilisten massakrieren und Hunderte Geiseln nehmen, ist die Antwort keine Polizeimaßnahme. Es ist Krieg. Jedem anderen Staat der Erde wäre es erlaubt, das  so behandeln.

Das eigene Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) von 2004 zur israelischen Sicherheitsbarriere, auf das Albanese häufig verweist, ging nicht so weit wie sie. Das Gericht stellte fest, dass Israel Artikel 51 nicht gegen Bedrohungen aus besetztem Gebiet geltend machen könne, doch seine Begründung war konkret: Weil Israel die Besatzungsmacht sei, müsse es die Rechtsrahmen des Besatzungsrechts anwenden und nicht das Recht zwischenstaatlicher bewaffneter Konflikte. Das Gericht sagte niemals, dass Israel alle Verteidigungsrechte verliere, weil seine Präsenz illegal sei. Albaneses rhetorische Zuspitzung zu „nichts, was Israel dort tut, kann als defensiv verstanden werden“ ist Sprache der Interessenvertretung, nicht eine gängige Aussage des Völkerrechts.

Gleichzeitig mit der Leugnung Albaneses, die Israel das grundlegende Recht auf Selbstverteidigung abspricht, gewährt sie der Hamas und anderen Terrorgruppen gleichzeitig einen Freibrief Israel als „legitimen Widerstand“ anzugreifen. Das Einzige, was sie derzeit ablehnt, ist der direkte Angriff auf jüdische Zivilisten.

Francesca Albaneses Rahmen stützt sich auf eine Definition von „Besatzung“, die so elastisch ist, dass sie Gebiete umfasst, die Israel nicht kontrolliert, während Israel gleichzeitig jede Möglichkeit abgesprochen wird, Kontrolle auszuüben. Er schafft Verpflichtungen ohne entsprechende Rechte. Er verlangt, dass Israel sich selektiv wie eine Besatzungsmacht verhält, während gleichzeitig behauptet wird, dass selbst einige zwingende Handlungen von Besatzern im Fall Israels illegal seien.

Der „Müllarbeiter-Test“ zeigt, was diese Abstraktion verschleiert: Besatzung bedeutet, wer tatsächlich ein Gebiet regiert, wer seine Arbeiter einstellen und entlassen kann, wer seine Steuern erhebt und seine Schulen betreibt. Nach diesem praktischen Maßstab war Gaza vor dem 7. Oktober nicht besetzt, was bedeutet, dass der 7. Oktober ein bewaffneter Angriff aus äußerem Gebiet war, der die vollen Selbstverteidigungsrechte nach Artikel 51 auslöste.

Internationales Recht sollte auf alle Staaten gleichermaßen angewandt werden. Rahmenwerke, die ein Land auf einzigartige Weise für Einschränkungen herausgreifen – ihm Rechte entziehen, die allen anderen zustehen – sind überhaupt kein Recht. Sie sind in juristische Sprache gekleidete Politik.

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