Hört auf so zu tun, als sei Antizionismus kein Antisemitismus

Juden, die denen Deckung geben, die den einzigen jüdischen Staat auf dem Planeten beseitigen wollen, verteidigen nicht Kritik an Israel; sie legitimieren eine gefährliche Form des Hasses.

Falls Sie es noch nicht gehört haben: Leute, die Israel eliminieren wollen, sind sehr daran interessiert, Antisemitismus aufzuhalten. Mit anderen Worten, dieselben Menschen, die dem jüdischen Volk Rechte verweigern wollen, die sie nicht auf die gleiche Weise anderen verweigern wollen, glauben, dass sie berechtigt sind, sich selbst zu Freunden und Beschützern der Juden zu erklären. Und nein, ich mache keine Witze darüber.

Das gilt für die Jewish Voice for Peace (Jüdische Stimme für den Frieden) und die Teilnehmer eines Online-Panels, das diese Woche über „Auflösung von Antisemitismus, Gerechtigkeit gewinnen“ gehalten wurde. Die linke Gruppe und ihre prominenten Gäste, darunter die Abgeordnete Rashida Tlaib (Demokratin, Michigan), der Akademiker Marc Lamont Hill und New York Times-Kolumnist/CNN-Kommentator Peter Beinart glauben alle, es sei sehr wichtig, dass jeder, auch die Juden, begreifen, dass sie hier sind, um zu helfen. Das einzige Problem ist, dass sie denken, dass die Menschen ihr Ziel, den Staat Israel aus Hass zu zerschlagen, verwirrt.

Es ist sehr frustrierend für sie, weil alle Beteiligten, einschließlich der stellvertretenden JVP-Direktorin Rabbi Alissa Wise, die Gastgeberin der Veranstaltung war, sich als Verfechterin der Gerechtigkeit und Gegner von Hass betrachten, während sie auch für die antisemitische BDS-Bewegung eintreten. Und sie glauben, dass diejenigen, die sie wegen Antisemitismus zur Rede stellen, Lügner oder fehlgeleitete Betrogene der faschistischen Rechten sind. Tatsächlich erscheint ihnen schon die Idee, dass jemand ihnen zuhören und mit der Meinung davon kommen könnte, sie wollten Juden Schaden zufügen, unglaubhaft. Wie Beinart bei dem Forum seinen nicht jüdischen Kollegen sagte, die als Antisemiten bezeichnet wurden: „Klingen sie für Sie wie Leute, die Juden hassen? Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl.“

Was Beinart zu sagen versuchte war, dass Leute, die sich selbst als „progressiv“ bezeichnen und Lärm wegen Menschenrechten und Freiheit machen, keinesfalls Judenhasser sein können, auch dann nicht, wenn sie auch wollen, dass es keinen jüdischen Staat gibt. Und dass die Juden, die sich mit solchen Leuten verbünden, in den besten Traditionen jüdischer Aufopferung für soziale Gerechtigkeit handeln, selbst wenn sie seltsamerweise desinteressiert an Gerechtigkeit für ihr eigenes Volk sind. Sie behaupten, dass Rechtsextreme die einzigen echten Antisemiten sind. Die Tatsache, dass eine Gruppe wie die JVP Ritualmordvorwürfe betreibt, wenn sie jüdische Unterstützung für amerikanische Ersthelfer, die in Israel ausgebildet wurden, für den Tod von Afroamerikanern durch die Polizei verantwortlich macht, wird von denen ignoriert, die sie nur als progressive Feld-Wald-und-Wiesen-Aktivisten betrachten.

Was sollen wir damit anfangen?

Viele vernünftige und anständige Juden sagen uns, wir sollten uns wegen nichts davon Sorgen machen. Die JVP repräsentiert nur eine kleine Anzahl Juden, versichern sie uns, und ist keine Bedrohung für die pro-israelische Welt. Sie haben Recht, wenn sie darauf hinweisen, dass die BDS-Bewegung dem jüdischen Staat wenig oder nicht geschadet hat. Israel ist stärker und sicherer als jemals zuvor. Die Träume der BDS-Bewegung und ihrer palästinensischen Verbündeten, Israel von der Landkarte zu löschen, sind Fantasien. Darüber hinaus haben die Normalisierungs-Abkommen, die Israel in den letzten Monaten mit vier muslimischen Ländern geschlossen hat, der Bewegung zum internationalen Boykott Israels das Rückgrat gebrochen und dem jüdischen Staat eine zunehmende Zahl arabischer Verbündeter eingebracht. Während die Regierung von Präsident Donald Trump  die pro-israelischste aller Zeiten gewesen sein dürfte, wird sein Nachfolger, der gewählte Präsident Joe Biden, der ebenfalls gegen BDS ist und ebenfalls die Idee eines jüdischen Staates unterstützt, mit seiner Regierung vermutlich anderer Meinung sein.

Welchen Schaden kann im Vergleich zu all dem die zunehmende Kraft antizionistischer Gruppen an Universitäten – sowohl bei den Lehrenden als auch den Studenten – anrichten? Warum sich Sorgen machen oder sogar die JVP, Beinart und den Rest von ihnen beachten?

Die Antwort ist zweifach.

Ein Grund lautet, dass diese Antizionisten, wie Beinart geltend macht, die Sprache der Progressiven sprechen, die die politische und soziale Kultur der amerikanisch-jüdischen Welt dominieren. Die andere ist, dass, wie wir bereits bezüglich der kritischen Rassentheorie und der Cancel Culture gesehen haben, marginale Ideen und Bewegungen, die zuerst in der akademischen Welt Erfolg haben, wahrscheinlich letztendlich vorpreschen werden, wenn nicht gar die Medien und die Popkultur beherrschen.

Zu den ärgerlichen Aspekten dieser Debatte gehört der Vorwand seitens Gruppen wie der JVP und ihren Trittbrettfahrern, der bei ihrem Panel am 15. Dezember erörtert wurde, sie würden Israel lediglich „kritisieren“. Bloße Kritik der Regierung Israels ist kein Antisemitismus. Was die BDS-Bewegung und die Antizionisten wollen, ist keine andere israelische Regierung oder eine veränderte Politik. Sie wollen Israel eliminieren und durch einen binationalen Staat ersetzen, in dem die Juden sowohl ihre Souveränität als auch ihre Fähigkeit sich gegen feindliche Nachbarn und islamistische Terrorgruppen verteidigen zu können, verlieren, die glauben, die Juden hätten kein Recht auf einen Staat in ihrer angestammten Heimat, egal, wo seine Grenzen gezogen werden.

Beinart, der vor nur ein paar Jahren als führendes Licht des „liberalen Zionismus“ posierte, tritt heute für genau einen solchen Ausgang ein und sagt, Typen wie Tlaib, die sein neues Ziel teilen, strebten Menschenrechte für alle an. Er sagt, wenn Tlaib und Hill für „Palästina vom Fluss bis zum Meer“ eintreten, dann heißt das, dass sie den israelischen Juden, die zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer leben, nicht schaden wollen – oder zumindest ihnen dann nicht schaden werden, wenn sie sich kampflos ergeben.

Auf diese Weise ist der Schaden, wie auch die Verweigerung jüdischer Rechte und Geschichte, die Teil ihrer Agenda ist, klar. Aber wenn jemand seine Sache, egal, wie scheußlich deren Ziel ist, in der Sprache der Progressiven formuliert wird, dann befindet man sich auf eine Wellenlänge mit einer jüdischen Gemeinschaft, die das universalistische Element der jüdischen Identität über ihre Gemeinde-Elemente stellt. Für einen jüdischen Staat einzutreten, kann für junge Progressive irgendwie rassistisch klingen, besonders wenn sie – wie es bei so vielen amerikanischer Juden der Fall ist – in Bezug auf den Konflikt und den Großteil der jüdischen Geschichte mit Ausnahme von Grund-Wissens über den Holocaust unwissend sind. In einer weithin angepassten Gemeinschaft liegt das Gefühl, ein jüdisches Volk zu sein, was Generationen früher selbstverständlich war, heute ziemlich brach.

Genauso wichtig ist die Notwendigkeit, dass wir die Art und Weise nicht unterschätzen, wie die akademische Welt andere Sektoren der Gesellschaft beeinflussen kann. Es ist noch nicht lange her, dass die Art von „Cancel Culture“, in der diejenigen, die die kritische Rassentheorie und radikale Vorstellungen von Geschichte hinterfragen, zum Schweigen gebracht wurden, nur an Universitäten vorkam. Aber wie wir dieses Jahr erfahren haben, ist eine solche Empörung, die einzig dazu dient, überempfindliche und intolerante Studenten davor zu schützen gegensätzliche Ansichten zu hören, in den Mainstream übergesprungen.

Gleichermaßen waren der Hass gegen Israel und der Antizionismus eigentlich ein marginales Phänomen, von dem in den Mainstream-Medien selten zu lesen war. Aber Beinart predigt inzwischen auf den Kommentarseiten der NYT und auf CNN die Eliminierung Israels. Er ist diesbezüglich alles andere als allein. Und Leute wie Tlaib und ihre Kollegin Ilhan Omar (Demokratin aus Minnesota), die von ehrbaren Medien wegen ihres Vertreibens antisemitischer Ausdrucksweisen über geteilte Loyalität amerikanischer Juden und das Kaufen amerikanischer Kongress-Abgeordneter, damit sie Lobbyarbeit für Israel leisten, sowie die Unterstützung der BDS, werden überall willkommen geheißen und als die Rockstars ihrer Partei behandelt statt als die Hassredner, die sie sind.

Zwischen denen, die Israels Beseitigung fordern und der anständigen Gesellschaft muss eine Grenze gezogen werden. Gegen keinen anderen Staat der Welt wird auf diese Weise geschossen und von keinem Volk außer den Juden wird gefordert, seine Rechte und Geschichte zu leugnen, wie es die Antizionisten tun. Und wie die BDS-Bewegung bewiesen hat, ist das wahre Ziel nicht Israel, sondern die Bemühung amerikanische Juden zu isolieren und zum  Schweigen zu bringen, die sich für Israel einsetzen. Die progressiv klingende Rhetorik von Leuten wie den Teilnehmen an dem JVP-Panel ist die Fassade, hinter der Übergriffe, Schikanen und sogar Gewalt und Einschüchterung gegen Juden gerichtet werden.

Egal, wie aufgeschlossen sie klingen, der Antizionismus bleibt ihr Soundtrack des Hasses und sollte von allen Menschen guten Willens als solcher behandelt werden.

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