Corona: Die Lage in Krankenhäusern, Kalli Lauterbach und der Intensivbettenbettenmythos

* von Roland M. Horn

Keine alternative Quelle, sondern Welt.de wartete am 16.02.2022 mit der SchlagzeileCorona-Lage in vielen Krankenhäusern ist besser, als offizielle Daten nahelegen“ auf. Der Artikel startet mit den Worten:

„Die Hospitalisierungsinzidenz ist eine zentrale Grundlage für die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung. Doch laut einem Medienbericht wird diese Zahl offenbar viel zu hoch angegeben. Das hat einen einfachen Grund.“

Die Welt beruft sich hier wiederum auf Die Zeit, wenn sie schreibt, dass die Corona-Lage in den Krankenhäusern offenbar besser ist, als offizielle Daten des Robert-Koch-instituts (RKI) nahelegten. Die Zeit habe sich auf eine Umfrage bezogen, die unter leitenden Ärzten von über 20 Kliniken durchgeführt worden sei. Sie habe ergeben, dass zumindest die Hälfte der dort stationär aufgenommenen Corona-Patienten nicht etwa wegen Covid 19 erkrankt seinen, sondern aus einem anderen Grund. In dieser Quelle (ebenfalls Die Welt) heißt es:

Im Zuge der Omikron-Welle liegen immer häufiger Bürger in Krankenhäusern, die aufgrund einer positiven Testung zwar offiziell als Covid-Patienten gemeldet sind, aber eigentlich wegen einer anderen Krankheit medizinisch behandelt werden. Die „Bild“ (Donnerstagsausgabe) berichtete, dass etwa im Saarland in den vergangenen zwei Wochen nur jeder vierte offiziell gemeldete Corona-Patient tatsächlich wegen Covid im Krankenhaus lag. Im Dezember war es demnach noch jeder zweite.“

Die erstgenannte Quelle beklagt, dass dennoch viele dieser Fälle (also jene Corona-postiv getestete Menschen, die sich aus einem anderen Grund in den Kliniken behandelt werden), als Covid-Patienten in der RKI-Statistik Niederschlag finden. Ein interessantes Zitat lautet:

„Die dort ausgewiesene Hospitalisierungsinzidenz dient der Bundesregierung als Begründung der Corona-Maßnahmen. „

Aus diesem Zitat geht unzweideutig hervor, dass die Corona-Maßnahmen auf einer falschen Datengrundlage fundieren. Unter Berufung auf Die Zeit schreibt Welt.de, dass die Zahl sogar noch deutlich höher liegen könnte. Zu dieser Einschätzung kämen jedenfalls zahlreiche Ärzte.

Ein typisches Beispiel für diesen – ja, man kann es wohl ruhig Etikettenschwindel nennen – zeigt das folgende Zitat des Infektiologen Andereas Stallmach von der Uni-Klinik Jena, den Welt.de mit den folgenden Worten zitiert:

„Wir haben geboosterte Patienten, die eine Handgelenksfraktur haben, weil sie beim Radfahren gestürzt sind – und jetzt als Corona-Fälle gelten.“

Zufällige Corona-Befunde entstehen dadurch, dass die meisten Krankenhäuser in der BRD jeden Patienten, den sie aufnehmen auf das Coronavirus testen. Welt am Sonntag hatte bereits im vergangenen Jahr darüber berichtet.

Nun ist es aber so, dass die Zahl der Patienten in Krankenhäusern seit Kurzem als wichtigster Gradmesser für politische Entscheidungen in der Corona-Politik gilt. „Doch das verantwortliche Robert-Koch-Institut und die Kliniken haben aneinander vorbeigeredet, was die Meldungen angeht – mit spürbaren Folgen.“

Es wird klar: Dieser neue wichtigste Indikator für politische Entscheidungen in der Coronapolitik beruht auf fehlerhaften Daten. Zudem meldeten von ‚Welt am Sonntag‚ durchgeführte Recherchen zahlreiche Krankenhäuser „für die Berechnung der sogenannten Hospitalisierungsinzidenz auch Patienten, die das Robert-Koch-Institut (RKI) dafür nicht vorgesehen hat: Patienten, die zwar mit dem Covid-19-Virus infiziert sind, die aber wegen anderer Krankheiten in die Klinik mussten.“

Der Hospitalisierungsindex wird vom RKI errechnet, nachdem Kliniken Patienten mit dem Coronavirus an die Gesundheitsämter gemeldet haben. Eigentlich sollten laut RKI nur Patienten gemeldet werden, die aufgrund ihrer Infektion eingeliefert wurden.

Offensichtlich kam es dabei jedoch zu einem Missverständnis, denn Welt.de schreibt:

„Eine Abfrage bei den zehn größten Klinikbetreibern und Unikliniken ergab jedoch, dass die meisten von ihnen dies anders verstanden haben: Sie melden auch jene Patienten, bei denen lediglich per Routinetest zusätzlich eine Infektion mit dem Virus festgestellt wurde.“

Der Artikel endet mit der Feststellung:

„Abrechnungsdaten einer großen Krankenkasse, der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn-See, geben Hinweise auf das Ausmaß der so entstehenden Verzerrung. Ihren Abrechnungsdaten zufolge hatten 20 Prozent der Patienten, die 2021 bislang mit nachgewiesener Covid-Infektion in Kliniken lagen, nur einen symptomlosen Nebenbefund.“

Mit dem Titel „Lauterbach räumt ein: Intensivstationen waren nie überlastet“ bringt RT-Deutschland auch das Argument von der Überlastung der Intensivstationen durch das Coronavirus und aus diesem Grund notwendig gewordene Maßnahmen kräftig in Wanken.

Karl Lauterbach bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages der 20. Wahlperiode des Bundestages (Bildautor: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0, CC BY-SA 4.0)

RT behauptet – sicher nicht ganz zu Unrecht -, dass in den zurückliegenden Monaten und im Grunde schon seit Beginn der Corona-Krise das Argument einer jederzeit drohenden Überlastung der bundesweiten Intensivbettenbelegung als schwerwiegendstes Szenarium politisch instrumentalisiert wurde, um damit bisherige und weiterhin geltende Maßnahmen seitens der Regierungspolitiker zu rechtfertigen.

Nun sagt der Gesundheitsminister Karl Lauterbach RT zufolge auf die schriftliche Anfrage des Bundestags-Vizepräsidenten  und stellvertretenden FDP-Parteivorsitzenden Wolfgang Kubicki folgendes:

„Eine deutschlandweite, regional gleichzeitige Überlastung aller verfügbaren ITS-Kapazitäten, die eine systemische Unterversorgung von intensivpflichtigen COVID-19-Fällen oder deren strategische Verlegung ins Ausland bedeutet hätte, trat nicht ein.

Das Schreiben wurde in einem Artikel der Bild-Zeitung mit Bezahlschranke – von mir gesichtet – am 16. Februar bestätigt und zitiert.

Trotzdem bleibt unbestritten, dass im Frühjahr und Herbst des vergangen Jahres Patienten wegen regionaler Engpässe innerhalb der BRD verlegt werden mussten, und weiterhin als belegt gilt, dass zum Höhepunkt der vierten Welle im Herbst 2021 bis zu 70 Prozent der Kliniken eingeschränkte Betriebsmöglichkeiten verzeichneten, schreibt RT. Aber:

„Diese Situation resultierte aus personellen Engpässen, und zwar teils ausgehend von politisch verordneten Corona-Maßnahmen und teils durch die seit Jahren bekannten, ungelösten Probleme im Bereich der Pflegeberufe, wie etwa akuter Personalmangel und schlechte Bezahlung.“

schreibt die Seite weiter. Zudem spielt der Abbau von Intensivbetten während der Corona-Krise hier mit rein. Im genannten BILD-Artikel heißt es:

„Kubicki wies zudem darauf hin, dass während der Pandemie ‚Intensivkapazitäten in fast fünfstelliger Höhe abgebaut wurden‘ – und es trotzdem zu keiner Überlastung kam. An dieser Stelle sei nun Lauterbach aber in der Pflicht, ‚diesen fortgesetzten Abbau zu stoppen‘, fordert der FDP-Politiker.“

Lauterbach galt bekanntlicher Weise schon „in den zurückliegenden zwei Jahren als glühender Verfechter der Rechtfertigung von jeglichen Maßnahmen aufgrund angeblich drohender Überlastungen der Intensivbetten“, wie RT vollkommen zu Recht schreibt. Als Beweis bringt sie einige Twitter-Links:

In diesem Zusammenhang erinnert RT an Lauterbachs berühmt-berüchtigstes Zitat vom Oktober 2021, als er sagte:

„Klar ist aber, dass die meisten Ungeimpften von heute bis dahin [März 2022] entweder geimpft, genesen oder leider verstorben sind, denn das Infektionsgeschehen mit schweren Verläufen betrifft vor allem Impfverweigerer. Wir laufen langsam auf die Überforderung  [der Krankenhäuser und Intensivstationen] zu. Mehr Impfungen hätten eine solche Lage verhindern können.“

Kubicki äußerte nach Lauterbachs Antwort auf seine Anfrage “ mit der Feststellung, dass im Hinblick auf die deutlich weniger gefährliche Omikron-Variante mit einer Überlastung des Gesundheitssystems „auch nicht mehr zu rechnen sei“. Daraus ergebe sich für ihn die Schlussfolgerung:“

„Damit entfällt das Hauptargument für die Grundrechtsbeschränkungen. Diese müssen daher von Verfassungswegen vollständig aufgehoben werden – inklusive derjenigen, die als weniger eingriffsintensiv definiert werden, also zum Beispiel Maskenpflicht.“

Die Maskenpflicht – die bei uns erst zu einem späten Zeitpunkt eingeführt wurde, als sie in anderen Ländern (China) bereits Gang und Gäbe war und zunächst in der BRD vom damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn als „nicht notwendig“ abgelehnt wurde – soll aber in jedem Fall beibehalten werden. Warum? Die Antwort finden Sie vielleicht hier.

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