Die Panzerlieferung war eine Falle für Deutschland

Sollte Deutschland zusagen, der Ukraine Leopard-2-Kampfpanzer zu liefern, würde es sich endgültig eine Schlinge um den Hals legen, die ihm seine „Verbündeten“ als Ehrenband verkaufen wollten. Dann gäbe es für Deutschland aus eigener Kraft kein Morgen mehr. Ein Gastbeitrag von Kopekenstudent

Deutschland ging in den letzten Jahren in einige Fallen. So zeigt sich zum Beispiel, dass der deutsche Atomausstieg weder dem Momentum einer globalen Energie-Metamorphose geschuldet war, noch dass Deutschland damit irgendeine nachahmenswerte Vorreiter-Rolle spielte. Offen zu Tage liegt das erst heute, da unsere Nachbarn munter neue Atomkraftwerke bauen.

Es geht nicht um die Umwelt, sondern die Schwächung Deutschlands

Der Köder – pseudoökologische Narrative – zielte auf unsere Sehnsucht ab, uns als besonders „umsichtig“ und „verantwortungsvoll“ hervorzutun. Das Ergebnis ist: Deutschland verlor in den letzten zehn Jahren seine Energiesicherheit. Viel Schlimmeres kann einer „Wirtschaftsnation“ kaum widerfahren. Es schwächt und stürzt sie in so heftige Nöte, dass sie sich als relevante Größe aus dem globalen Wettstreit abmelden muss. Die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines kam einer finalen Offenlegung gleich: es ging die ganzen Jahre nie um Rettung der Umwelt, sondern darum, Deutschlands Energieversorgung zu unterminieren und Abhängigkeiten zu schaffen, die das Land zu einem kontrollierbaren Spielball machen.

Mit der Geschichte um den Leopard-2-Panzer verhält es sich ähnlich. Nur dass Deutschland bislang noch nicht in die Falle getappt ist. Hätte Deutschland der Lieferung seines besten Kampfpanzers an die Ukraine zugestimmt, hätte Russland dies als direkten Kriegseintritt Deutschlands verstehen müssen. Dabei liegt den Russen trotz allem noch viel an Deutschland. Zwischen den Zeilen mancher russischer Analysten liest man auch jetzt noch Verständnis, ja sogar eine gewisse Empathie für die schlimme Lage, in die Deutschland durch seine Bündnispolitik gebracht wurde. Anders als hierzulande trennt man in Russland viel klarer zwischen den Deutschen und dem Regime und weiß daher, dass die Mehrheit der Deutschen keinen Krieg mit Russland will.

Deutschland und Russland sind wie zwei Seiten einer Medaille

Ein solcher wäre in der Tat furchtbar. Nicht nur der unmittelbaren Folgen wegen, sondern auch angesichts der historischen Verbindungen zwischen Deutschland und Russland, die sich über 400 Jahre erstrecken und von Peter I. über Katharina II. und Otto von Bismarck bis hin zu den Schröder-Putin-Jahren reichen. Jede Universität jenseits des Ural, heißt es, sei von Deutschen gegründet worden. Deutsche organisierten im Auftrag der Zaren die naturwissenschaftliche Erforschung und Kartografierung des russischen Reiches, waren federführend beim Aufbau einer funktionierenden Verwaltung, machten weite Teile des Landes urbar, gründeten Stahlwerke, Käsereien und Schokoladenfabriken und wirkten als Ärzte, Geisteswissenschaftler, Städteplaner, Musiker, Konditoren und Lehrer. Der deutsche Einfluss auf Russland ist bis heute im Land sichtbar, wo der Buchhalter „buchgalter“ und Butterbrote „buterbrodyi“ heißen. Und wo Russen deutsche Soldantenfriedhöfe mit Blumen schmücken, weil die Deutschen es nicht mehr tun.

In gewisser Weise sind Deutschland und Russland wie zwei Seiten einer Medaille. So klingt nicht nur der Name Preußens in anderen Sprachen (Prussia, Borussia) wie eine Schwester des Namens für Russland. Auch in der mentalen Beschaffenheit unserer beiden Völker gibt es deutliche Schnittmengen: In der Liebe zu ausufernden philosophischen Gedankengängen, dem metaphysischen Interesse an „Wahrheit“, in unserer tiefen Verehrung von Kunst, Musik und Logik, einem spirituellen Grundschwingen, dass man Dinge aus Pflicht gegenüber einem höheren Sinn und nicht bloß um des Profites Willen tut … aber auch in unserer Neigung zum Exzess, manchmal auch zu einer gewissen depressiven Lethargie und unserem kindlichen Glauben an „das Gute“, der sich dann nicht selten als Naivität gegenüber dem Bösen herausstellt. Auch die propagandistische Dämonisierung verbindet unsere Völker. Von den Engländern wurden die Deutschen im ersten Weltkrieg als kinderfressende „Hunnen“ gezeichnet; die Russen und ihre Kultur trifft heute nicht weniger Menschenverachtung.

Polen und USA

Zwei wissen besser als alle anderen um den Nutzen einer deutsch-russische Symsbiose für Deutschland und Russland, die, wenn man sie gewähren ließe, für sie selbst nachteilig wäre: Polen und die USA. Polen, weil es zwischen Deutschland und Russland liegt, seinerseits nicht von politischen Ambitionen gefeit ist, die deutlich über sein heutiges Staatsgebiet hinausreichen und historisch gesehen sowohl Russland als auch Deutschland als Erzkonkurrenten betrachtet. In der unmittelbaren Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges spielte Polen eine brandbeschleunigende Rolle, die von ihm selbst noch aufzuarbeiten sein wird.

Die USA sehen sich durch eine deutsch-russischen Verbindung in erster Linie ökonomisch in ihrer globalen Vormachtstellung bedroht. Sie sind sich dieser für sie gefährlichen deutsch-russischen Kooperation übrigens weit länger bewusst, als sich Deutsche oder Russen dieses Umstandes für die USA bewusst sind (Stichwort: Naivität). Weshalb beide Länder wahrscheinlich erst seit der Nord-Stream-Sprengung realisieren, bis zu welchen Konsequenzen die Bereitschaft besteht, beide Länder voneinander zu entkoppeln. Die Sprengung von Nord-Stream war de facto ein Kriegsakt gegen Deutschland. Deutschland weiß das, Russland weiß es. Beide Länder sind in einer Lage, die ihnen gegenwärtig kaum Handlungsoptionen zugesteht, etwas an ihrer Beziehung zu verbessern ohne dadurch noch Schlimmeres, als eine Nord-Stream-Sprengung, heraufzubeschwören.

Enorm geschwächt durch die USA, gehasst von Russland

So ist Scholz‘ und Pistorius‘ diplomatisches Herumlavieren um eine deutsche Leopard-2-Nichtlieferung derzeit wahrscheinlich das maximal Mögliche. Ob das Motiv gewesen ist, die deutsch-russischen-Beziehungen nicht noch weiter zu stören, vermag man nicht zu sagen. Bei Scholz und Pistorius könnte auch schlicht für einen Moment die Frage angeklungen sein, wieso man das eigene Land jetzt auch noch dem russischen Zorn aussetzen sollte. Ergösse nämlich dieser sich über Deutschland zusätzlich zur Brutalität globaler US-Interessen, zusätzlich zum gegenwärtigen Oberwasser Polens, das meint, Deutschland mit seiner hasserfüllten Demagogie und seinen irrsinnigen „Reparationsforderungen“ demütigen zu müssen, zusätzlich zur Euro-Schulden-Last, über die Deutschland insbesondere von den Mittelmeer-Ländern am Gängelband gehalten wird, sähe Deutschland aus eigener Kraft kein Morgen mehr.

Zurück zu den von Deutschland geforderten Panzerlieferungen. Der Druck war laut Medien sehr groß. Polen, das Leopard-2-Panzer besitzt, kündigte am 18. Januar breitspurig an, wenn nötig auch gegen die Vertragsklausel einer Weiterveräußerung zu verstoßen und seine Leos auf jeden Fall der Ukraine zu geben. Die USA mahnten quasi in Dauerschleife an, Deutschland müsse „endlich seiner Verantwortung nachkommen“. Von dem medialen Feuer aus der Ukraine ganz zu schweigen.

Doch dann fand irgendwie eine Meldung ihren Weg in die Medien, Deutschland sei bereit, der Ukraine Leopard-2-Panzer zu liefern, wenn die USA ihrerseits bereits wären, Abrams-Panzer zu liefern. Nach der amerikanischen Erwiderung, Abrams-Panzer seien zum derzeitigen Punkt „nicht sinnvoll“, kam auch gleich das Dementi aus Deutschland, man hätte so etwas nie von den USA gefordert. Allerdings war nun war klar: im Falle des Falles würde allein Deutschland „liefern“.

Gleiches stellte sich am 20. Januar, am Tag des Treffens in Ramstein, mit Polen heraus. Nachdem Deutschland sich mit viel rhetorischem Geschick weiter geziert gab, machte Polen nicht etwa die Drohung wahr, deutsche Leopard-2-Panzer auch ohne deutsche Einwilligung an die Ukraine zu geben. Es kündigte stattdessen an, nun erst mal seine Altbestände an russischen T-72-Panzern zu liefern. Die Drohung war heiße Luft gewesen

Es geht nicht um die Ukraine, sondern um Deutschland

Und damit war klar: der von einer Russland hassenden Phalanx aufgebaute Druck sollte nicht etwa ein gemeinsames, koordiniertes Handeln erzwingen, sondern allein Deutschland dazu bringen, der Ukraine Leopard-Panzer zu liefern. Es ging also nicht um die Ukraine, sondern in Wahrheit um Deutschland – nämlich darum, die Deutschen in eine Lage zu bringen, die Russland als Kriegseintritt Deutschlands interpretieren müsste. Als Folge dieses für Deutschland verhängnisvollen Schrittes hätte Polen nicht nur mit Ambitionen gegen Osten liebäugeln können. Und die USA wären einen ökonomischen Konkurrenten endgültig losgeworden.

Dass die Panzerlieferung eine Falle war, zeigte sich unmittelbar nach Pistorius‘ Absage und der geplatzten Blase heißer polnischer Luft. Man kann dankbar sein, dass Scholz und Pistorius genügend Verstand, Glück im Unglück, Rückgrat, militärische Bedenken oder was auch immer hatten, nicht in sie hineinzutappen. Vorerst jedenfalls.

 

(Quelle Beitragsbild oben: (c) böhringer friedrich, CC BY-SA 2.5, via Wikimedia Commons nach PP)

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