Wie Nazis in Ägypten halfen Juden davon zu „überzeugen“, dass sie das Land verlassen

Nur Tage nach dem Internationalen Holocaust-Gedenktag passt es, sich and die Tatsache zu erinnern, dass tausende Nazis sich in den 1950-er Jahren in Nassers Ägypten wechselten. Laut einem neuen Buch – Nazis on the Nile von Vivyan Kinross – bildeten frühere Wehrmachtssoldaten, Raketenwissenschaftler, Chemie-Ingenieure, Waffenhersteller und Waffenhändler, Veteranen deutscher Spezialeinheiten ägyptische Soldaten darin die Briten in der Suez-Kanalzone und die Israelis im Gazastreifen zu bekämpfen. Die Briten entdeckten deutsche Subversionstaktiken in der ägyptischen Außenpolitik, Propaganda- und Geheimdienst-Operationen und Ägypten wandte Zwangsmaßnahmen an, um seine jüdische Bevölkerung nach der Suez-Krise von 1956 zu überzeugen das Land zu verlassen. Für die Familie von Edna Anzarut Turner stand das Menetekel schon vor der Vertreibung an der Wand. Sie erzählte Point of No Return ihre Geschichte.

Otto Skorzeni 1943

„Ich war bereits in England und meine Mutter begab sich zum schweizerischen Botschafter. Sie wollte mir über deren diplomatische Post etwas Geld schicken.

Sie kannte ihn sehr gut.

Als er sie sah, rang er nach Luft: „Madame Anzarut, was machen Sie noch hier? Das Land ist voller Nazis. Otto Skorzeni ist hier. Wollen Sie als Lampenschirm enden? Gehen Sie, verlassen Sie das Land so bald wie möglich.“

Wie auch immer, sie war nicht in der Lage mir Geld zu schicken.

Sie eilte nach Hause, nahem den britischen Pass meines Vaters und ihren eigenen, brachte sie zum ägyptischen Passamt, wo sie Ausreise- und Einreise-Visa beifügten.

Sie kaufte Flugtickets, packte für jeden einen Koffer, eine Decke. Sie füllte alle Vasen unseres Hauses mit Blumen und brachte die Autos zu verschiedenen abgelegenen Garagen und warf die Schlüssel in den Nil.

Am nächsten Tag warteten sie auf das Taxi.

Es wurde an die Tür gehämmert. Geschrei: „EFTAH, EFTAH!“ (Macht die Tür auf.)

Es war nicht das Taxi, es waren zwei herrische Polizisten mit dem Räumungsbefehl.

Meine Eltern sahen sie einfach an und die Situation war derart unpassend, dass sie beide in unkontrolliertes Gelächter ausbrachen.

Offenbar blickten die Polizisten völlig verdutzt aus der Wäsche. Niemand hatte ihnen jemals so ins Gesicht gelacht.

Meine Eltern sagten ihnen, sie seien zu spät dran. Sie würden das Land verlassen, ohne dass man sie vertreiben müsse.

Sie zeigten ihnen die zwei Koffer und dann brüllte mein Vater sie an: „IMSCHIE, IMSCHIE, BARRA, BARRA … je SCRAM…“, in dem Moment, als der Taxifahrer ankam.

Meine Eltern warfen noch einmal einen letzten Blick auf ihr schönes, elegantes Haus und die mit Blumen gefüllten Vasen … und das war’s dann.

Mein Vater starb sechs Jahre später infolge von stressbedingtem Speiseröhrenkrebs.

Ednas Vater war 52, ihre Mutter 47. Sie hat nie wieder geheiratet.

 

(Beitragsbild ganz oben: Gamal Abdel Nasser und Auschwitz übereinandergelegt. Roland M. Horn)

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