Der Hass auf Freiheit und Verantwortung

Letztens hörte ich, wie jemand sagte: „Seit Jahrtausenden werden die Juden gehasst, das muss doch einen Grund haben.“ Ich fürchte jedoch, der Mann, der das sagte, möchte den Grund dafür nicht wissen, denn der Grund liegt in ihm!

Viele Menschen empfinden es als eine ungeheure Last, dass sie für sich selbst und für alles andere Verantwortung übernehmen müssen, dass sie zur Freiheit berufen sind, dass sie sich nicht herausreden können, dass sie geradezu dazu verpflichtet sind, selbst zu entscheiden, zu begründen und zu verteidigen, was gut und böse ist. Sie sehen sich als Opfer dieser Verpflichtung und haben daher das Gefühl, dass sie zur Freiheit verurteilt wurden. Sie sehen sich als Opfer!

Und wen machen Sie verantwortlich für diese gefühlte Verurteilung, die in Wahrheit eine Berufung ist? Natürlich die Religion, die Kultur und die Philosophie, die mit dieser radikalen Philosophie der Verantwortung und Freiheit begonnen hat und sie seit Jahrtausenden kontinuierlich pflegt, lehrt und lebt: das Judentum!

Wer das Judentum hasst, hasst die Freiheit in sich!

Stellen wir uns nur einmal eine Gesellschaft vor, in der die Menschen sich als Spielball der Götter verstehen. Die Götter sitzen in ihrem Olymp, fressen, saufen, kämpfen und kommen ab und zu aus purer Lust auf die Erde, um sich auf dem Boden der Sterblichkeit ein wenig die Ewigkeit mit Spielchen zu vertreiben. Die Menschen sind diesen Göttern ausgeliefert und können daher im Grunde genommen nichts für ihre Misere und für den Zustand der Welt um sie herum. Wenn dann doch mal irgendwo ein Held vorbeikommt, der etwas bewirkt und verändert, dann muss er zumindest von den Göttern geküsst, wenn nicht gleich gezeugt worden sein. Anders wäre das alles nicht zu erklären.

In dieser Welt treten nun auf einmal ein paar Männer und Frauen aus der Wüste und erzählen etwas von einem einzigen Gott, mit dem die Menschen dann auch noch einen Bund schließen können. Die Menschen sind somit ein Vertragspartner Gottes und tragen damit Verantwortung nicht nur für sich, sondern für die ganze Welt. Sie haben keine Ausreden mehr. Sie sind frei.

Mit dieser Freiheit können nur sehr wenige Menschen umgehen. Sie ekeln sich regelrecht davor und hassen diejenigen, die ihnen gezeigt haben, dass es einen Weg aus der Gefangenschaft und hinein in die Freiheit gibt. Nachdem Moses sein Volk aus der Gefangenschaft in Ägypten geführt hatte und sie sich mit der Freiheit und der Verantwortung in der Wüste wiederfanden, gab es nicht wenige, die sich nach der Sicherheit der Gefangenschaft zurücksehnten.

Wir können uns frei entscheiden, ob wir uns an Regeln halten oder nicht, ob wir gehorchen oder uns widersetzen. Wir tragen die Verantwortung für jedes Gesetz, für jeden Befehl, den wir geben oder ausführen, für jede Gewalt, die wir ausüben oder ausüben lassen, um Sicherheit zu erlangen. Wir wurden nicht gefragt, ob wir leben wollen, wir wurden nicht gefragt, in welchem Körper wir leben wollen, wir wurden in diese Welt hineingeboren, und dennoch tragen wir die volle Verantwortung für unsere Existenz, für alles, was wir mit dieser Existenz erzeugen, erschaffen, verdrängen, verzehren und vernichten. Genau diese Freiheit wird von so vielen Menschen gehasst.

Aus diesem Hass hat sich auch der Hass auf Israel entwickelt. Der Hass auf Israel ist der Notausgang für alle der Freiheit und der Verantwortung müde gewordenen Menschen. Es gibt Menschen, die in der Sicherheit einer Nation leben, die Grenzen hat, die gesichert und verteidigt werden und in der es Menschen gibt, die zur Not mit Gewalt den Gesetzen Gültigkeit verleihen. Nationen sind entstanden, weil irgendwann mal irgendwie sich irgendwo Völker, die sich in Konflikten und Auseinandersetzungen selbst definiert haben, zu dem Entschluss gekommen sind, ein Land zu besetzen und für sich zu reklamieren. Jede Nation ist per Definition eine Besetzung von Land und jede Besetzung bringt Kriege mit sich, weil es eben niemals nur ein Volk gibt, das sich für ein Land interessiert, geschweige denn, dass ein Volk so geschlossen ist, dass es nicht auch untereinander Kriege führt, nämlich darum, was das eigene Volk überhaupt ausmacht.

Es kommt auch höchst selten vor, dass sich nur ein Mensch in einen anderen Menschen verliebt. Oft verlieben sich mindestens zwei Menschen in ein und dieselbe Person, und dann kommt es zum Krieg (und zur Kunst). Wenn zwei Menschen jedoch einen Bund schließen, dann ziehen sie Grenzen. Das heißt aber nicht, dass es innerhalb des Bundes nicht auch wieder zu Streitigkeiten kommt, nämlich darüber, wie dieser Bund der Ehe nun richtig zu führen sei. Aber ob nun im Ehestreit oder im Krieg, die eigene Verantwortung kann niemand abstreifen, niemals.

Es gibt Menschen, die all das schon richtig erkannt haben, sie spüren ihr Gewissen und hören den Ruf zur Verantwortung, die Kritik hervorruft, vor allem an den eigenen Reihen, an der eigenen Gesellschaft, am eigenen Land und vor allem an sich selbst. Sie sehen die eigenen Privilegien und die Gewalt, die angewendet wird, um diese Privilegien zu ermöglichen. Sie sehen die Gewalt, die schon ihre bloße Existenz auslöst, und spüren die Pflicht, dafür Verantwortung zu übernehmen. Wenn man diese Verantwortung jedoch nicht übernehmen will, rutscht man in den Hass ab. Dabei kann sich der Hass gegen sich selbst richten, zum Beispiel durch Selbstverletzung, Depressionen oder Selbstmord, oder eben gegen andere.

Man kann aber auch den ganzen Hass erfolgreich verdrängen, und da ist und bleibt der Staat Israel ein willkommener Notausgang. Das kleine Land Israel ist der Jude unter den Staaten. Was früher der Jude selbst war, ist heute der jüdische Staat. Er ist der Sündenbock, auf den alle einschlagen, wenn sie den Ruf zur Verantwortung zwar vernommen haben, aber Angst davor haben, sich wirklich dem Ruf zu stellen. Der Hass auf Israel ist die Verdrängung der eigenen Verantwortung, die man auf sich nehmen muss, wenn man lebt und weiterleben will, vor allem wenn man das Leben eines Bürgers lebt und zwar in einem Land mit Grenzen, das sich gewisse Werte und Normen gesetzt hat und sogar bereit ist, diese Werte und Normen mit Gewalt zu verteidigen.

Wer Israel hasst, hasst die eigene Verantwortung!

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