(Zum Beitragsbild oben: Bundeskanzler Olaf Scholz (Foto: Reuters))
Kurz nach dem 7. Oktober kam Bundeskanzler Olaf Scholz nach Israel und lieferte das Versprechen bedingungsloser Solidarität mit Jerusalem. „In schwierigen Zeiten hat Deutschland nur einen Platz und der ist an der Seite Israels“, sagte er. „Deutschland unterstützt die Sicherheit Israels und seiner Bürger.“
Der Kollaps der konkreten deutschen Solidarität mit Israel wurde am vorigen Sonntag verdeutlicht, als die BILD-Zeitung berichtete, dass Berlin wichtige Waffenlieferungen an den jüdischen Staat nicht genehmigt hat, aber grünes Licht für Waffen an das Regime von Qatar gab – den wichtigsten Financier der Hamas.
Erst letzte Woche machte Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock Israel, nicht die Terroristen, für die Gefährdung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln verantwortlich. „Letztes Wochenende hat klar gezeigt, dass militärisches Handeln allein die Situation im Gazastreifen nicht lösen wird“, sagte sie laut einem Bericht in BILD. „Wie wir gesehen haben, gefährdet rein militärischer Druck das Leben der Geiseln.“
Es gab in Deutschland kaum Widerstand gegen Baerbocks Schuldvorwurf an die Juden. Die Politikerin Julia Klöckner von der Christlich-Demokratische Union (CDU), ehemalige Ministerin für Ernährung und Landwirtschaft, war eine namhafte Ausnahme. Sie sagte über Baerbock: „Die Tatsache, dass sie jetzt Israels militärisches Handeln für die Ermordung der Geiseln verantwortlich macht und Israel auffordert die Kämpfe komplett aufzugeben, ist Täter-Opfer-Umkehr.“
Deutschlands Botschafter in Israel, Steffen Seibert, den die Regierung Israels zweimal wegen antiisraelischer und pro-palästinensischer Terrorismusaktivität zurechtwies, verbreitete Baerbocks eifrig Argumente auf X.
Vor dem 7. Oktober nahm Seibert an einem „alternativen“ Gedenken für Terroropfer teil, das auch für Hamas-Terroristen veranstaltet wurde. Ich habe den starken Verdacht, dass die Geschichte ihn als Deutschlands schlechtesten Botschafter in Israel verzeichnen wird. Seine Aktivitäten legen nahe, dass er Deutschlands antiisraelisches Konsulat in Ramallah leiten sollte.
Eine zweite Ausnahme zum israelfeindlichen Konsens des Mainstreams in Deutschland ist der CDU-MdB Roderich Kiesewetter, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses. Er sagte im deutschen Radio, dass die Regierung gegenüber der sich verschlechternden Situation im Nahen Osten „endlich aufwachen“ muss. Er fügte an, dass Deutschland eine Rolle bei der Abwehr iranischer Drohnen spielen könnte. Parteimitglieder seiner CDU machten ihn wegen seiner Äußerungen zu Hilfe für Israel zum Paria.
Die Äußerung der weithin israelfeindlichen Außenministerin Baerbock von den Grünen, die Israel für den Hamas-Krieg verantwortlich macht, fiel mit der Entdeckung einer Hisbollah-Dohne zusammen, in der deutsche Technik steckte; diese war Ende August gegen Israel gestartet worden und schlug im Kibbuz Dan ein.
Ein israelischer Bericht deckte auf, dass in der Hisbollah-Drohne Technologie der deutschen Firma 3W International verarbeitet war. Berlins lasche Durchsetzung von Sanktionen auf Dual-Use-Technologie (Material, das sowohl militärisch als auch zivil genutzt werden kann) ist ein langjähriges Problem. Zum Beispiel wurde Baumaterial der Krempel Group aus dem Raum Stuttgart in iranischen Raketen gefunden, die 2018 bei zwei chemische Angriffe auf syrische Zivilsten eingesetzt wurden. Der Giftgas-Angriff verletzte 24 Menschen. Deutschlands Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hatte nichts gegen den Verkauf der Technologie an den Iran einzuwenden gehabt.
Die Verantwortung für den Krieg der Hamas dem jüdischen Staat zuzuschieben, ist allgegenwärtig. Selbst die oppositionelle CDU ist nicht gegen dieses klassisch antisemitische Weltbild immun.
Michael Blume, CDU-Mitglied und Beauftragter zur Bekämpfung von Antisemitismus in Baden-Württemberg, sagte deutschen Medien im Mai: „Wir stellen eindeutig fest, dass israelbezogener Antisemitismus stark zunimmt.“ Er schrieb den Anstieg antiisraelischer Äußerungen der Führung in Jerusalem zu. „Rechtsextremisten aus Israel, den USA und Europa und auch die Regierung Netanyahu benutzen die Antisemitismus-Beschuldigung inflationär und nutzen sie aus. Das hilft uns allen nicht, wenn wir Antisemitismus ehrlich bekämpfen sollen“, sagte er.
Für Blume ruft nicht die Hamas tödlichen Antisemitismus hervor; stattdessen ist es die israelische Regierung, weil die versucht die Hamas zu besiegen.
Der Holocaust-Überlebende Roman Haller aus München, der Vorsitzender der Jewish Claims Conference war, bezeichnete Blumes Äußerung als „Antisemitismus pur“ und drängte ihn zum Rücktritt. Blumes antisemitische Anmerkungen wurden vom CDU-Stadtrat Rolf Kurfess in Blumes Heimatstadt Filderstadt begrüßt. Deutschlands Antisemitismus-Beauftragter der Bundesregierung Felix Klein schwieg zu Blumes in den Medien der Bundesrepublik allgegenwärtigem Antisemitismus.
Sowohl die Bundesregierung als auch die grün-schwarze Koalition in Baden-Württemberg haben wiederholt erklärt: „Es gibt keinen Raum für Antisemitismus.“ In der Bundesrepublik gibt es eindeutig Raum für Judenhass. Staatlich geförderter deutscher Antisemitismus ist höchst gefährlich.
Daniela Ludwig, eine Bundestagsabgeordnete, die als Kommissarin für Israel dient und für die CDU/CSU Antisemitismus bekämpfen soll, schwieg zum Antisemitismus-Skandal der CDU. Ludwig hat keine Lust gezeigt, auf die Lieferung benötigter Waffen an Israel zu drängen.
Die Sinnlosigkeit solcher Rhetorik ist bei der Bekämpfung von Antisemitismus ein übliches Merkmal des Nachkriegs-Deutschlands. Für Deutschland – dessen Staatsräson nach dem Holocaust angeblich zur Schoah „nie wieder“ und „Wehret den Anfängen“ beim Auftauchen von Antisemitismus gilt – offenbart die Gleichgültigkeit gegenüber Israels Existenzkampf gegen die Islamische Republik Iran und ihre Verbündeten, dass die Solidaritätsbekundungen für den jüdischen Staat lediglich hohle Phrasen sind.
Man fragt sich, ob die berühmte Stichelei des israelischen Psychoanalysten Zvi Rex in diesem Krieg mitspielt: Die Deutschen werden den Juden Auschwitz niemals vergeben. Eine Variante dieses Satzes könnte lauten: Die Deutschen werden Israel niemals vergeben, dass es sich gegen die Hamas verteidigt.