Rostock: Stadt der größten Montagsdemos

Vor genau einem Jahr fanden in der Hansestadt Rostock (MV) mit 210.000 Einwohnern die vermutlich größten Montagsdemos Deutschlands statt. Bis zu 20.000 Teilnehmer zogen ab Ende Dezember 2021 und Anfang Januar 2022 friedlich, aber lautstark bei ordnungsgemäß angemeldeten Demonstrationen durch die Rostocker Innenstadt. Ein Gastbeitrag von Ralph Zedler

Aufnahmen der Demos schafften es bis in die Abendnachrichten des britischen und amerikanischen Fernsehens. Auch RT Deutsch berichtete damals.

Dennoch waren die Proteste den politisch Verantwortlichen dieses Landes offenbar ein Dorn im Auge und sie wurden am 17. Januar 2022 gewaltsam zerschlagen: auf die vom Veranstalter gar nicht beantragte Versammlungsfläche der August-Bebel-Straße wurden, nachdem die Rostocker Polizei sich geweigert hatte, diese Drecksarbeit zu erledigen (wie Boris Reitschuster internen Quellen vermeldet) am späten Nachmittag des 17. Januar 1000 (!) Polizisten aus Ratzeburg, Schleswig-Holstein, MV und der Bundespolizei postiert. Eine Wagenburg aus Blaulicht, Dreierketten Polizei und zwei Wasserwerfer schufen eine für eine Friedensdemo absurde Drohkulisse.

Demo sollte – laut Plan – nie starten

Um 17 Uhr sollte die Demo starten. Tausende Teilnehmer hatten sich unterdessen eingefunden, wurden aber von dem gewaltigen Polizeiaufgebot bei 5 Grad Celsius am Losgehen gehindert, da man auf die Einhaltung der Maskenpflicht IM FREIEN bestand. Außerdem wurden 80 (!) Ordner verlangt, von denen aber „nur“ 60 zu rekrutieren waren. Der Anmelder, der sich in den Vorwochen stets deeskalierend verhalten hatte, erhielt einen Platzverweis, für den sich der überbringende Polizeibeamte sogar persönlich bei ihm entschuldigte. Aus der Richtung kommende Menschen, in die der Demonstrationszug loslaufen sollte, berichteten im Nachhinein, dass es keine einzige Absperrung gab. Dieser Zug sollte also laut Plan nie losgehen.

Gegen 18.30 Uhr flogen dann aus der mürbe gemachten Menge erste Böller im hohen Bogen hinter die Polizeikette. Das glich gleichsam einem Startschuss: mit Knüppeln und Tränengas stürzten sich die Beamten in die Menge und fischten einzelne (eingeschleuste) Provokateure heraus – in der Regel junge Männer im Kapuzenpulli -, die medienwirksam aus der Menge hinter die Polizeikette geschleift wurden. Dort wurde sich dann mit den Polizisten abgeklatscht. Dann erfolgte die Einkesselung. Frauen und Kinder durften nach einer Stunde die eingekesselte Fläche verlassen. Die Männer mussten ausharren und wurden nach Personendatenerfassung und Leibesvisitation zum Teil erst gen Mitternacht freigelassen.

Zwei „Dixi-Klos“ als „Akt der Humanität“

Dankenswerterweise hatte der diensthabende Polizeiführer Achim Segebarth als „Akt der Humanität“ zwei Dixiklos auf die Versammlungsfläche drapiert. Auch die Einkesselung war also Teil der Polizeistrategie.

Die beiden Kurzvideos zeigen sehr eindrucksvoll die riesige Menge protestierender Menschen, die zu dieser Zeit Rostock als Zentrum des Nordens für ihren Widerstand auserkoren hatten.

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