• von Roland M. Horn

(Zum Beitragsbild oben: Das Reich der Khazaren im 9. Jahrhundert. GNU Free Documentation License)

In meinen Büchern Freimaurer im Weltraum und Blauer Stern auf weißem Grund: Die Wahrheit über Israel bin ich kurz auf die Khazaren eingegangen, die einen mittelalterlichen Staat darstellen, der zum Judentum konvertiert ist. Von ihm sollen einigen Autoren zufolge die Aschkenasim, also die sogenannten „Ostjuden“ hervorgegangen sein, deren Nachkommen heute mit sehr großer Mehrheit die Bewohner des jüdischem Staates Israel darstellen. Als Konvertiten sollen die Vorfahren der Khazaren niemals das biblische Land Israel gesehen haben und insofern, so argumentieren diese Autoren, hätten sie kein Recht auf den modernen Staat Israel. Auf diesem Blog wurde hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier über das Thema geschrieben und diese Annahme widerlegt. Doch nun kommt ein neuer Aspekt hinzu.

Dr. Ha-Sung Chung über die Khazaren

Der Rechtsanwalt und Bibelkundler Dr. Ha-Sung Chung hat sich insbesondere in seinem Buch Israeliten in der Zerstreuung in Eurasien, aber auch in seinem Werk Wiedervereinigung Israels unter vielem anderen mit diesem Thema beschäftigt.

Chung weist in erstgenanntem Buch darauf hin, dass das Königreich Khazarien von 250-850 im heutigen Dagestan lag und einen Pufferstaat zwischen den christlichen Byzanz, dem sassanidischen Persien und dem umayyadischen Arabien fungierte. Zeitweise war Khazarien sogar Großmacht.

Das Besondere an Khazarien war Chung zufolge das dort praktizierte Judentum, das von arabischen Autoren Verwunderung auslöste und von den Exiljuden bewundert wurde. Der arabische Historiker al-Masʿūdī (gestorben 957) schreibt Chung zufolge:

„Der König der Chasaren war schon zur Zeit des Kalifats von Hārūn ar-Raschīd Jude geworden, und zu ihm waren Juden aus allen Ländern des Islam und aus dem Land der Griechen gezogen.“1

Die ethnischen Ursprünge und die die Stammenzusammensetzung der Khazaren

Nach ihrer Überzeugung waren die Khazaren Türken, daran lassen byzantinischen Autoren keinerlei Zweifel.

Nach Chungs Recherchen haben die Israeliten in China ihre Blütezeit erlebt. Ein Teil der Israeliten verließ China während eines Bürgerkrieges. Chung schreibt, dass sie sich nach Europa und Indien ausbreiteten. Auch die Khazaren seien aus China eingewandert. Sie seien Teil des türkischen Verbandes gewesen. In Khazarien angelangt, hätten sie babylonische Exiljuden angetroffen, sich unter die Leitung der babylonischen Rabbiner gestellt und einen jüdischen Staat gegründet, in dem sie beinahe zweihundert Jahre lang in einem Gemeinwesen lebten, das dem mosaischen Gesetz unterworfen war.

Israeliten in China?

Für seine These, dass Israeliten nach China gelangt sind, bringt Chung eine ganze Reihe von Argumenten vor. So weist er auf ein Volk im Norden Chinas im Jahr 318 hin, dass sich Xiongnu nannte. Der Begriff „xiyon“ weist auf das hebräische Wort Zion hin, das einen Berg in Jerusalem bezeichnet und ein Synonym für die Sehnsucht nach der Rückkehr der Juden nach Israel steht (Zinonismus). Chung hält es für sehr gut möglich, dass die Xiongnu sich als Zioniten bezeichnete.

Zwei Stelen in der chinesischen Stadt Kaifeng weißen darauf hin, dass in der Zhou-Dynastie von China, die zwischen 1046 und 256 v. Chr. Juden in China lebten. Dort wurden sieben Tora-Rollen gefunden.

Chung bringt Informationen ans Licht, denen zufolge die chinesische Zivilisation von Babyloniern begründet wurde. Diese Baylonier seien auf dem Seeweg nach China gelangt. Es sei daran erinnert, dass nach der babylonischen Gefangenschaft nur ein Teil der Israeliten in ihre Heimat zurückkehrte, ein großer Teil aber in Babylon verblieb.

Weiter bringt Chung Hinweise dafür, das nicht nur Juden, sondern auch andere Stämme Israels – die als verloren gelten – in China eingewandert seien, die aus der assyrischen Gefangenschaft stammten. Wie Chung ausführlich darlegt, wurden die Israeliten in China ein Großvolk und eine Hochkultur.

Und ein großer Teil dieses israelischen Volkes aus China war es, die später das Khazarenreich begründeten. Für seine These über die Entstehung dieses Reiches bringt Chung zwei Quellen an: Den „Schechter-Brief“ und den „Brief des Königs Joseph“.

Der Schechter-Brief

Die erste Quelle bezeichnet ein 1912 veröffentlichtes Dokument, das von einem unbekannten Autor in perfekten Hebräisch geschrieben war. Diese Dokument wurde vom rumänisch-US-amerikanischen Rabbiner, Gelehrten und jüdischen Erzieher Salomon Schechter in Kairo entdeckt. Leider ist das Dokument nur fragmentarisch erhalten und enthält aus diesem Grund zahlreiche Lücken. Diese Lücken füllte Schechter mit eigenen Worten, die er in eckigen Klammern einsetzte und als „Vorschläge“ bezeichnete. Der Autor soll ein Khazare gewesen sein, der ein Schreiben an einen unbekannten Juden sendete. Vermutlich war der Adressat Hasdai ibn Shaprut – Arzt und Sekretär Hof des Kalifen von Córdoba.

Der Brief des Königs Joseph

Ebenfalls aus Kairo – aus einer Lagerhalle der Ben-Ezra-Synagoge, in der über 300.000 jüdische Fragmente gefunden wurden – stammt die zweite Quelle: Der Brief des Königs Joseph. Entdecker dieses Briefes war der jüdische Kaufmann Abraham Akrish und er wurde im Jahr 1577 in Konstantinopel erstmals veröffentlicht. Bei diesem Brief handelte es sich um eine Antwort von König Joseph auf ein Schreiben von Hasdai ibn Shaprut, das vermutlich zwischen 950 und 960 geschrieben wurde. Aus diesem Brief geht hervor, dass die Türken im Besitz der Tora waren. Allerdings wussten sie nicht, dass es sich um eine solche handelte, doch sie wussten dass es ein heiliges Buch war. Sie führten es über tausend Jahre hinweg mit sich. Dass es sich tatsächlich um eine Tora handelt, wurden ihnen erst bewusst, als sie auf die babylonischen Rabbiner trafen.

Auswertung der beiden Quellen

Chung schreibt:

Ferner offenbaren die Dokumente weitere Details über das Israelitentum der Khazaren sowie das ihrer Nachbarn. Sie geben Einblicke in religiöse Praktiken, Identitätsbewusstsein und das Selbstverständnis dieser Völker als Teil des Volkes Israel.

Der Autor druckt den vollständigen Schechter-Brief einschließlich der gekennzeichneten Einfügungen von Schechter ab und nimmt Bezug auf einige Stellen in dem Dokument.

In einer Stelle heißt es von Chung übersetzt:

„1 – Armenien und unsere Vorfahren flohen vor ihnen … [denn sie konnten nicht]
2 – das Joch der Götzenanbeter ertragen. Und [die Fürsten von Chasarien] nahmen sie auf [denn die Männer von] ㅣ mit ihnen.]
5 – Und sie lernten ihre Taten und zogen mit ihnen [immer wieder in den Krieg.]
6 – Und sie wurden [ein] Volk. Sie verließen sich nur auf den Bund der Beschneidung. Und [einige von ihnen]
7 – hielten den Sabbat.

Chung stellt sich diese Frage, welches Volk mit „Die Vorfahren“ gemeint sein war und sieht die Antwort in der Überschrift des König-Joseph-Briefes, wo es (ebenfalls nach Chung übersetzt heißt:

„Der Brief von Joseph, dem König, Sohn von Aaron, dem König, der Türke – möge sein Schöpfer ihn bewahren – an das Oberhaupt der Versammlung, Hasdai, den Sohn Isaaks, Sohn Ezras.“

Joseph bezeichnet sich also als König der Türken. Dies belegt er mit der Vorstellung seiner Ahnenreihe. Wenn er schreibt:

„Wisse, dass wir von Japhet abstammen, durch seinen Sohn Togarmah. Ich habe in den genealogischen Büchern meiner Vorfahren gefunden, dass Togarmah zehn Söhne hatte. Dies sind ihre Namen: Der Älteste war Ujur, der Zweite Tauris, der Dritte Avar, der Vierte Uguz, der Fünfte Bizal, der Sechste Tarna, der Siebte Chazar, der Achte Janur, der Neunte Bulgar, der Zehnte Sawir“,

hat er, wie Chung feststellt, die rabbinische Lehre von der Abstammung der Türken von Japhet übernommen. Die biblische Abstammungsreihe von Japhet zu Chazar leiglich vier Generationen (Japhet, Gomer, Togarmah und Chazar) enthält und somit in jeder Hinsicht zu kurz ist. Weiter stellt Chung fest, dass die im 1. Buch Mose genannten zehn Söhne Togarmahs tatsächlich viele der bekannten Türkenvölker darstellt: Uiguren, Awaren, Oghusen, Khazaren, Bulgaren, Sabiren.

Die Khazar-Türken würden in chinesischen Quellen ausdrücklich Erwähnung finden und die chinesischen Quellen keinen Zweifel daran lassen, dass die Gök-Türken eine Teilgruppe des Volkes der Xiongnu sind. Auch andere Volksgruppen sprachen Türkisch und enthielten die Volksbezeichnung „Türk“ oder ähnliches. Somit stellt Chung fest:

„Aus diesem Blickwinkel erschließt sich die Weite und Bedeutung der Volksbezeichnung „Türk“. Türken sind nach der Vernichtung der Xiongnu in alle Richtungen verstreute Xiongnu-Nachfahren, die – bedingt durch ihre eigenständige Organisationsform („Wurm-Mentalität“) – jede Splittergruppe für sich wieder zu einer starken Volksgruppe entwickelten.“

Chungs Recherchen bringen zum Vorschein, dass das hebräische Wort „derekh“ als eine Entsprechung für das Wort „Türk“ vorgeschlagen wird und sowohl phonetisch als auch semantisch tief in vielen asiatischen Kulturen verankert zu sein scheint.

Die angebliche Bekehrung der Khazaren

Chung stellt u. a. fest, dass es sich bei der angeblichen Bekehrung der Khazaren in Wirklichkeit eine Umkehr war: zurück zum ewigen Bund mit ihrem Gott und zwar durch Findung eigener Identität und ihres Gottes. Schließlich heißt es im Schechter-Brief;

„Dann kehrte Israel gemeinsam mit den Männern von Khazaria in vollkommener Umkehr zurück.“

Mit „Israel“ sind Chung zufolge die Ureinwohner Khazariens gemeint sind aus China stammende israelische Stämme gemeint, die sich mit den Khazaren vermischt hatten. Er schließt:

„Die Türken sind ethnisch und geistig ein Teil Israels und die Geschichte Khazariens ist der deutlichste historische Beweis für diese Identität.“

Fazit

Chung gibt sich davon überzeugt, dass es bei den Khazaren alle zwölf Stämme Israels enthalten waren, zumindest aber neun aus dem ehemaligen und biblischen Nordreichs, das sich vom Israel Saul, David und Salomon abgespaltet hatte. Das Thema abschließend schreibt er:

Der Autor betrachte Khazarien als israelitischen Staat inmitten Eurasiens. Die Türken sind im weiteren Sinne Nachfahren der nach China ausgewanderten Israeliten, die trotz jahrhundertelanger Zerstreuung ihre ethnische und religiöse Identität bewahren konnten. Sein Kapitel über die Khazarien beendet Chung mit folgenden Worten:

Fußnoten

  1. Chung, zitiert nach Zuckerman, C., On the Date of the Khazars‘ Conversion to Judaism, S. 246.   ↩︎

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