* von Roland M. Horn
“In der kenianischen Höhle Panga ya Saidi haben Archäologen und Archäologinnen eine rund 78.000 Jahre alte menschliche Grabstätte gefunden. Das Kindergrab ist das älteste bislang gefundene Beispiel für eine gezielte Bestattung auf dem afrikanischen Kontinent und reiht sich ein in die wachsende Zahl an Hinweisen auf frühe komplexe soziale Verhaltensweisen des Homo sapiens ein.”,
berichtet Andreas Müller am 06.05.2021 auf seinem Portal GrenzWissenschaft-aktuell.de.
Dabei bezieht er sich auf einen Artikel im Fachjournal Nature, der von einem internationalen Forschungsteam aus Archäologen um Professor Nicole Boivin vom Jenaer Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte und Dr. Emmanuel Ndiema vom Nationalmuseum Kenia in Nairobi stammt.
Bereits vorher seien in Afrika die frühesten Hinweise auf die Lebensweise von Homo sapiens gefunden worden, doch Belege für frühe Bestattungen in Afrika seien spärlich und oft nicht eindeutig. Daraus resultiert, dass nur wenig über den Ursprung und die Entwicklung solcher Verfahren bekannt ist. Dazu muss man erwähnen, dass dem Mainstream zufolge – dem Atlantisforschung.de nicht immer folgt – “unsere Art” in Afrika entstanden ist. Die Belege für frühe Begräbnisse sind durch die angesprochene Entdeckung deutlich mehr geworden, denn die Entdeckung des oben beschriebene Kinderskeletts lässt erkennen, wie Menschen in der afrikanischen Mittleren Steinzeit mit ihrem Toten umgingen.
Bereits 2013 wurden bei Ausgrabungen in der Höhle erste Knochen des Kinderskeletts gefunden, doch erst 2017 wurde der kleine Graben mit den Knochen in Gänze freigelegt. “Etwa drei Meter unterhalb des heutigen Bodens der Höhle gelegen, enthielt die flache, kreisförmige Grube eng zusammengedrängte, stark zersetzte Knochen, die vor Ort stabilisiert und mit Gips ummantelt werden mussten”, berichtet die Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts, wie Müller erklärt. Weiter schreibt er: “Das Skelett des Kindes, das die Forschenden auf den suahelischen Spitznamen „Mtoto“ (Kind) tauften, war mitsamt seiner letztlichen Körperhaltung auf wundersame Weise erhalten geblieben.”
Offensichtlich wurde der Körper unversehrt beerdigt. Die Verwesung fand direkt in jenem Graben statt, in dem die Knochen gefunden wurden. Die mikroskopische Analyse der Knochen und der Erde, die sie umgab bestätigten, “dass der Körper unmittelbar nach der Bestattung mit Erde bedeckt wurde und er in der Grube verweste. Das sind klare Hinweise darauf, dass Mtoto kurz nach seinem Tod und bewusst bestattet wurde“, wie die Forscher erklärten.
“Mtoto” wurde auf der rechten Seite liegend und mit zur Brust gezogenen Knien gefunden; und somit geht das archäologische Team davon aus, dass die Bestattung sorgfältig vorbereitet und der Körper zu diesem Zweck eng umhüllt wurde. “Noch bemerkenswerter ist, dass die Position des Kopfes in der Grube darauf hindeutet, dass er auf einer Unterlage gelegen haben könnte, zum Beispiel auf einem Kissen. Vermutlich hat die Gemeinschaft irgendeine Form von Bestattungsritus durchgeführt“, stellen die Forscher fest.
Das Archäologenteam setzte die Thermolumineszenzdatierung ein, mittels der festgestellt werden kann, wann Mineralkörper im Boden zum letztem Mal Sonnenlicht ausgesetzt waren. Auf diese Weise datierten die Forscher die Beerdigung des Kindes “sicher” auf vor 78.000 Jahren. Dies bedeutet, dass es sich um die älteste bekannte Bestattung eines Menschen in Afrika handelt. “Spätere Bestattungen aus der Steinzeit Afrikas enthalten ebenfalls junge Individuen – vielleicht ein Hinweis, dass die Körper von Kindern zu dieser Zeit besonders behandelt wurden”, schreibt Müller.
In den gleichen archäologischen Schichten, in denen das Skelett gefunden wurde, fanden die Archäologen auch Steinwerkzeuge, die der afrikanischen Mittleren Steinzeit zugeordnet wurden. Es handele sich dabei um eine sehr typische Technik, die verschiedenen Hominin-Spezies zugeschrieben wird. “Die Verbindung zwischen der Bestattung dieses Kindes und den Werkzeugen der Mittleren Steinzeit hat einen entscheidenden Beleg geliefert, dass Homo sapiens, im Gegensatz zu anderen Arten von Homininen, diese markante Technik herstellte“, erklärt Ndiema Müller zufolge.
Ungeachtet der Tatsache, dass die Entdeckung “Mtotos” jetzt den frühesten Beweis für eine Bestattung in Afrika darstellen, reichten Bestattungen von Neandertalern und modernen Menschen in Eurasien bis zu 120.000 Jahre zurück. Sie enthalten sowohl Erwachsene als auch Kinder und Jugendliche. Eines bleibt jedoch unklar, denn Müller schreibt: “Die Gründe für das Fehlen von vergleichbar frühen Bestattungen in Afrika bleiben rätselhaft, möglicherweise beruhen sie auf Unterschieden in den Bestattungspraktiken oder dem Mangel an Feldforschung in großen Teilen des afrikanischen Kontinents.”
Müller schreibt abschließend: “‘Die Bestattung von Panga ya Saidi zeige, dass die Beerdigung der Toten eine kulturelle Praxis ist, die Homo sapiens und Neandertaler gemeinsam haben’, sagt Professor Michael Petraglia vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena abschließend. ‘Dieser Fund wirft Fragen nach dem Ursprung und der Entwicklung von Bestattungspraktiken zwischen zwei eng verwandten menschlichen Arten auf und danach, inwieweit sich unsere Verhaltensweisen und Emotionen voneinander unterscheiden.’”
Video:
(Erstveröffentlichung auf Atlantisforschung.de)
Bildquellen:
Abb. 1-4: https://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/aeltestes-menschliches-begraebnis-in-afrika-entdeckt20210506/; vgl. https://www.shh.mpg.de/1989436/boivin-petraglia-oldest-burial-in-africa
Abb. 5: https://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/aeltestes-menschliches-begraebnis-in-afrika-entdeckt20210506/; vgl. https://antikewelt.de/2021/05/08/afrikas-aelteste-menschliche-begraebnisstaette-aufgedeckt/