- von Roland M. Horn
Der Nachrichtensender Welt stellte dankenswerter Weise jenen Ausschnitt des Fernsehduells zwischen der BSW-Chefin Sahra Wagenknecht und der Kanzlerkandidatin der AfD, Alice Weidel, das vom Welt-TV-Chefredakteur Jan Philipp Burgard, moderiert wurde, kostenfrei ins Netz.
Burgard, der – um es vorwegzunehmen – bei dem Duell um Längen den besten Eindruck machte, stellte gleich zu Beginn des Themas klar, dass Israel sich seit dem 7. Oktober 2023 verteidigt und konfrontierte Wagenknecht mit ihrer Kritik an Israel hinsichtlich ihres Agierens im Gazastreifen und ihrer Aussage, dass Israels Krieg gegen die Terroristengruppe Hamas „Züge eines Vernichtungsfeldzugs“ trüge. Weiter wies er auf den Vorwurf des Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, an Wagenknecht hin, damit den Israelhass in Deutschland zu fördern, und verlangte von ihr eine Stellungnahme.
Wagenknecht erklärte daraufhin, dass sie keinen Israelhass fördere, sondern darauf hinwiese, dass viele Israelis skeptisch seien gegenüber dem Kurs von Premierminister Benjamin Netanjahu, womit sie sich klar auf die Seite der Gegner Netanjahus, genauer gesagt, die Linken, in Israel stellte. Es schien so, als würde sie tatsächlich für die Befürworter des Premiers nicht allzu viel übrig haben und nutzte dazu die Gelegenheit, die AfD dafür zu kritisieren, dass sie sich „so einseitig auf der Seite der Regierung Netanjahu stellt“ und somit zeige die AfD, dass sie keine Friedenspartei sei. Ein wenig schien es, als wollte Wagenknecht die Bevölkerung Israels spalten, im dem so deutlich zwischen den Gruppen Befürwortern und Gegnern der Regierung Netanjahus unterschied.
Wagenknecht räumte zwar ein, dass Israel das Recht habe, sich zu verteidigen, sprach aber im gleichen Zug von einer „barbarischen Kriegsführung“ und der „Ermordung von Frauen und Kindern“.
Burgard wies Wagenknecht darauf hin, dass Israel die Bevölkerung vor einer Operation warnt und die Hamas die Zivilbevölkerung als lebendige Schutzschilde missbraucht.
Wagenknecht ihrerseits wies auf die UNO hin, die Israel Kriegsverbrechen vorwirft, erwähnt aber nicht, dass UNO-Gruppen wie die UNRWA mit der Hamas zusammenarbeitet, so dass es gute Gründe gibt, die UN-Darstellungen anzuzweifeln. Außerdem wies sie auf Angaben hin, die – wie Burgard klarstellte – von der Hamas stammen. Ihre Entgegnung, dass diese auch durch UN-Quellen bestätigt würden, sind aus den eben genannten Informationen hinfällig.
Burgard und Wagenknecht stritten über Lebensmittellieferungen aus Israel in den Gazastreifen, die Wagenknecht zufolge „vorne und hinten nicht ausreichen“ und sie schob gleich hinterher, dass sich im Libanon das Gleiche zu wiederholten drohe. Während Burgard Wagenknecht erklärte, dass Israel keinen Angriffskrieg gegen den Libanon führe, sondern sich gegen Raketenangriffe wehrt, die seit dem 8. Oktober 2023 permanent auf israelisches Gebiet abgeschossen werden, warf Wagenknecht Israel vor „Terror mit Terror zu bekämpfen“ und sagte – während Burgard weiter kritische Fragen stellte und Anmerkungen machte -, dass es zu Friedensverhandlungen und zur endgültigen Lösung im Sinne einer Zwei-Staatenlösung kommen müsse.
Weiter bezeichnete Wagenknecht den Gazastreifen als ein „riesiges Freiluftgefängnis“ und zeigt damit, dass sie auf die „Pallywood“-Propaganda hereingefallen ist. Weiter kam sie auf die Siedlungspolitik Israels zu sprechen und es schließlich nicht so sei, dass die einen die Guten und anderen die Bösen seien. Wenn sie sagte, dass „die anderen nicht die Bösen seien“ könnte man dies so zu verstehen, als dass die Hamas – als eine der Kriegsparteien – in ihren Augen nicht in vollem Umfange „die Bösen“ seien. Immerhin kriegte sie noch halbwegs die Kurve, indem sie davon sprach, dass es ja auch noch „säkulare“ Vertreter der Palästinenser gäbe, mit denen man hätte verhandeln können.
Hier stellt sich aber die Frage, wen sie mit „säkular“ meint. Doch nicht die Fatah unter Mahmoud Abbas, der sich oft genug als Gegner Israels geoutet hat und zudem alles andere als säkular ist, steht er doch – wie die Hamas auch – im Dienste des Islam? Und dass diese Religion problematisch ist – man braucht sich doch bloß auf deutschen Straßen umzusehen – müsste mittlerweile auch eine Sahra Wagenknecht erkannt haben!
Während Wagenknecht sich immer weiter zu erklären versucht, bindet nach 3:29 Minuten Burgard Weidel in die Diskussion mit ein, in dem er sie fragt, was sie zu den Thesen von Frau Wagenknecht sage.
Fr. Weidel erklärte, dass Israel wie jeder Staat ein Recht auf Selbstverteidigung hat und weist auf das blutige Massaker vom 7. September 2023 hin, das Wagenknecht nie erwähnt hat. Wie Wagenknecht spricht sich Weidel für eine Zwei-Staaten-Lösung aus, betont jedoch, dass die Sache sei ziemlich zerfahren sei. Sie spricht von Diplomatie und davon, die beiden Parteien an einen Tisch zu bekommen und zieht einen Quervergleich zum Ukraine-Krieg.
Während Weidel vor sich hin laviert, wirft Wagenknecht ein, dass „man jetzt alles tun müsste, um auch die israelische Regierung unter Druck zu setzen“ und spricht den Antrag auf ein Waffenembargo gegen Israel durch ihre Partei an.
Burgard fragt Weidel direkt darauf an, wie sie zu Waffenlieferungen an Israel steht und die erklärt, dass sie die Antwort bereits gegeben habe! Was sie meint: Ihre Aussage, jedes Land habe ein Recht, sich zu verteidigen. Dies aber ist eben keine Antwort auf Burgards konkrete Frage und Weidel beginnt, sich um Kopf und Kragen zu taktieren.
Wagenknecht stört sich an dem Wort Selbstverteidigung und wirft ein, dass bei soviel Leid davon wohl nicht mehr die Rede sein könne und spricht davon, dass Terror durch Kriege entsteht, worin Weidel ihr zustimmt.
Wagenknecht versäumt es nicht, weiter gegen die Regierung Netanjahu zu hetzen und wirft ihm vor, Rechtsextremisten in seiner Regierung zu haben. Wieder ist es – nein, nicht etwa Weidel – Burgard, der darauf hinweist, dass man es bei Israel mit der einzigen Demokratie im Nahen Osten und einem Rechtsstaat zu tun hat, wobei Wagenknecht einwirft, dass es keinen rechtsstaatlichen Krieg führe. Dabei unterbrach sie Burgard, der darauf hinweist, dass die andere Seite aus Terroristen besteht, die kleinen Babys die Köpfe abschneidet, Frauen vergewaltigt und immer noch Geiseln hält.
Dann die Überraschung: Als Burgard feststellt, dass bezüglich der Waffenlieferungen an Israel ein Dissens besteht, meldet sich Weidel zu Wort und erklärt, dass sie ebenfalls gegen die Lieferung deutscher Waffen gegen Israel ist! Und sie schiebt eine abenteuerliche Begründung nach, nämlich dass Deutschland überhaupt nicht in der Lage sei, Waffen nach Israel zu liefern, schließlich sei das Land ja nicht mal zu ihrer eigenen Landesverteidigung in der Lage. Wagenknecht weist – ausnahmsweise mit Recht – darauf hin, dass Deutschland doch bereits Waffen liefere. Weidel stellt noch einmal klar, dass sie gegen deutsche Waffenlieferungen an Israel ist, und es zu Verhandlungen kommen müsse.
Die Einigkeit in vielen Punkten zwischen den beiden Kontrahentinnen erstaunt. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass Wagenknecht ihren Israelhass plump zu Schau stellt, während Weidel zwar positiver über Israel spricht, letztlich Wagenknecht in der Sache allerdings Recht gibt. Pro Israel war in dieser Diskussion nur einer: Burgard.
Wo sind die Zeiten geblieben, in denen die AfD von Persönlichkeiten wie Alexander Gauland geführt wurde, der erklärte, er würde sein Leben für Israel geben. Heute muss man feststellen, dass es keine Partei im Deutschen Bundestag gibt, die klar zu Israel steht. Parteien (Bündnis C) oder Wählergemeinschaften (Aufbruch jetzt), die in lobenswerter Weise zu Israel stehen, haben entweder keine Chance, über die 5 %-Hürde zu kommen oder noch keinen Parteienstatus. Das ist die Wahrheit in Deutschland ein Jahr nach 10/7 und 80 Jahre nach dem Holocaust.