„Allah im Himmel und Hitler auf Erden“

Im Jahr 1962 begann eine Episode, die unter dem Begriff „Affäre um deutsche Raketenexperten in Ägypten“  bekannt wurde. Diese internationale politische Auseinandersetzung hielt bis 1965 an. Beteiligt waren in erster Linie die Staaten Ägypten, Bundesrepublik Deutschland und Israel. Das Problem bestand darin, dass u. a. deutsche Staatsbürger an Rüstungsprojekten in Ägypten mitarbeiteten. Dabei ging es um alles andere als Belanglosigkeiten, denn neben dem Flugzeugbau waren diese deutschen Experten auch an der Entwicklung der Kurzstreckenraketen beteiligt, die den Staat Israel bedrohten.

Wie man sich unschwer vorstellen kann, wurde das Verhältnis zwischen Israel und der Bundesrepublik durch diese Affäre sehr getrübt. Diese Verschlechterung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und dem jüdischen Staat wurden durch den Umstand, dass einzelne der Experten schon während der NAZI-Zeit am deutschen Raketenbau beteiligt waren, noch zusätzlich erschwert!

Die Lage verlor erst dann an Bedeutung, nachdem 1965 (!) die Bundesrepublik erstmals diplomatische Beziehungen zu Israel aufnahm, worauf sich die deutschen Experten sukzessive aus Ägypten zurückzogen. Die diplomatischen Beziehungen der BRD mit Israel waren im Übrigen nur aufgrund von Druck durch maßgebliche Kräfte im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zustande gekommen. Schließlich ließ sich der 1963 gewählte  Bundeskanzler Ludwig Erhard gegen den Willen des Auswärtigen Amtes davon überzeugen, den Botschafteraustausch zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Israel in die Wege zu leiten. Bundesminister des Auswärtigen war zu jener Zeit Gerhard Schröder von der CDU (nicht zu verwechseln mit dem späteren Altkanzler gleichen Namens von der SPD).

Schon Anfang der 50er Jahren waren Deutsche im israelfeindlichen Ägypten als militärische Experten tätig, wie die Wikipedia (Stichwort „Affäre um deutsche Raketenexperten in Ägypten“) schreibt:

„Ein ehemaliger deutscher Kapitän arbeitete als Ausbilder bei der ägyptischen Marine.[…] Insgesamt waren anfangs der 1950er-Jahre etwa 50 Personen in Ägypten im militärischen Bereich beschäftigt.[…] Wilhelm Voß, während der Zeit des Nationalsozialismus Generaldirektor der Reichswerke ‚Hermann Göring‘, baute in Ägypten eine Rüstungsindustrie von eher geringer Kapazität auf. Neben Fabriken für Handfeuerwaffen und Munition handelte es sich auch um ‚erste Raketenkonstruktionen‘.[…] Rolf Engel, ein deutscher Raketen-Ingenieur und ehemaliger SS-Hauptsturmführer, versuchte sich an der Entwicklung einer kleinen Rakete, die sich jedoch als nicht funktionstüchtig erwies.[…]“

Jetzt wird es ganz brisant, denn die Wikipedia berichtet weiter:

„Aus einem Gespräch zwischen Bundeskanzler Konrad Adenauer und dem Leiter der Israel-Mission, Felix Elieser Shinnar, geht hervor, dass die Bundesregierung von der Tätigkeit der Deutschen in Ägypten wusste.“

Doch die Blutspur der Bundesrepublik – ganz offensichtlich mit Hilfe von Altnazis – auf Kosten Israels liegt noch weiter zurück, denn die Wikipedia schreibt:

„Bereits im arabisch-israelischen Krieg 1948–49 verdingten sich Deutsche in arabischen Armeen und als Freischärler im Kampf gegen das neugegründete Israel.[…] Von wenigen Ausnahmen abgesehen blieben der Einfluss und die Bedeutung dieser Kämpfer jedoch sehr gering. Von größerer Wichtigkeit waren allerdings ehemalige Wehrmachts- und Waffen-SS-Angehörige, die danach als Militärexperten und Ausbilder in den arabischen Streitkräften unterkamen.[…] Ein Beispiel dafür ist der ehemalige General Wilhelm Fahrmbacher, der die Ausbildung der ägyptischen Armee übernahm.“

Im Anschluss heißt es über Fahrmbacher:

Dieser behauptete, dass seine Tätigkeit vom deutschen Wirtschaftsministerium toleriert würde.

Weiter erfahren wir, dass ein ehemaliger deutscher Kapitän als Ausbilder bei der ägyptischen Marine beschäftigt war. Nachdem bekannt geworden war, dass Bundeskanzler Adenauer von den Vorgängen wusste, musste er reagieren. Er erließ ein Verbot, in das jedoch einige Relativierungen eingebaut waren, wie wir im Wikipedia-Artikel weiter erfahren:

„Um den Vorgängen entgegenzuwirken, erließ sie [die Bundesregierung; Anm. RMH] Anfang der 1950er-Jahre ein Gesetz, das Deutschen verbot, sich in den Dienst fremder Armeen (außer der Fremdenlegion) zu stellen. Allerdings wurde betont, dass man einer Anzahl von Spezialisten in Ägypten gesetzlich nicht beikommen könne und außerdem angesichts der weltpolitischen Lage deutsche Experten sowjetischen vorzuziehen seien.“

Das Problem habe sich in dieser Zeit von selbst gelöst, da Ägypten noch wenig in den Raketenbau investierte und die Sowjetunion größeren Einfluss auf den Nahen Osten bekam. Doch es dauerte nicht lange, bis eine zweite Generation deutscher Experten in Ägypten tätig wurde. Wir lesen in unserem Artikel:

„Der ägyptische Staatspräsident Gamal Abd el-Nasser baute am Ende der 1950er-Jahre seine eigene Rüstungsindustrie aus, um weniger abhängig von der Unterstützung durch England und die Sowjetunion zu sein.[…] Dazu warb man durch die schweizerischen Tarnfirmen ‚MECO‘ und ‚MTP‘ ausländische Techniker und Wissenschaftler an. Deutsche Experten waren sowohl im Bereich der Flugzeug- als auch der Raketentechnik involviert.[…]

Im Jahre 1960 wurde Eugen Sänger [ein österreichischer Ingenieur und Pionier auf dem Gebiet der Luft- und Raumfahrt; Anm. RMH] von Nasser angeworben, um aber nach knapp zwei Monaten auf Bitten des Bundesverkehrsministeriums die dortigen Vorlesungen wieder einzustellen. Sänger war ein prominenter Wissenschaftler, der bereits während des Zweiten Weltkriegs das Raketenversuchsgelände Trauen in Konkurrenz zu Peenemünde aufgebaut hatte. Nach dem Krieg war er erst in Frankreich tätig und kehrte dann nach Deutschland zurück, um das Stuttgarter ‚Forschungsinstitut für Physik der Strahlantriebe‘ aufzubauen und zu leiten.[…] Mit ihm gingen seine Mitarbeiter Paul Goercke und Wolfgang Pilz und zwei weitere Personen, die wie Goercke und Pilz ebenfalls bereits Hitlers Raketen entwickelt hatten.[…] Der ehemalige Geschäftsführer des Instituts, Heinz Krug, nahm ebenfalls eine wichtige Rolle ein: Er gründete im Juli 1960 die Firma ‚Intra-Handelsgesellschaft mbH‘, deren Aufgabe es war, die betreffende Produktion in Ägypten mit den entsprechenden Materialien zu versorgen.[…] Das waren die prominenteren Persönlichkeiten, die am Raketenprojekt arbeiteten. Während die ‚Stuttgarter Zeitung‘ im August 1962 von etwa 150 deutschen Spezialisten sprach, waren im Oktober 1964 insgesamt 320 Fachkräfte mit deutscher Staatsbürgerschaft in Ägypten beschäftigt, wobei unklar bleibt, wie viele davon aus der DDR kamen.[…] Tatsache ist jedoch, dass der größere Teil dieser Personen an der Herstellung von Kampfflugzeugen beteiligt war. Es waren zeitweise nur etwa zwölf deutsche Wissenschaftler und Techniker insgesamt, die sich mit der Entwicklung von Raketen befassten.[…] Das Auswärtige Amt behauptete 1963, dass von diesen nur vier aus der Bundesrepublik kämen, sechs aus der DDR und zwei aus Österreich stammten.[…] Im Laufe der Entwicklung dieser Affäre verändert sich die Anzahl der Beschäftigten.[…]

Des Flugzeugbaus hatte sich die Firma Willy Messerschmitt angenommen. Diese verkaufte die Lizenz zum Nachbau eines Düsenflugzeugs an die Ägypter. Unter der Leitung des ehemaligen SS-Standartenführers Ferdinand Brandner wurden die Flugzeuge seit 1960 in Ägypten zusammengesetzt. In den Fabriken arbeiteten zu dieser Zeit unter anderem ‚rund 200 Deutsche und Österreicher‘.[…] Bei den Deutschen soll es sich jedoch hauptsächlich um Personen aus der DDR gehandelt haben.[…] Eine ganze Reihe deutscher Unternehmen profitierte von Nassers Rüstungsvorhaben, indem sie Zubehör an die Militärfabriken in Ägypten lieferten. Zu beachten ist überdies, dass der Bund mit 7 % an der Firma Messerschmitt beteiligt war.[…]“

In einem weiteren Abschnitt des gleichen Artikels beschreibt die Wikipedia die Raketen, um die es ging:

„Die Raketen, die in Ägypten gebaut wurden, waren Boden-Boden-Raketen. Man gab ihnen die Namen ‚El-Kahir‘ (‚Der Eroberer‘) und ‚El-Safir‘ (‚Der Sieger‘). Während ‚der Eroberer‘ eine Reichweite von 560 km aufwies, kam die Rakete des zweiten Typs nur auf 280 km.[…] Damit hätten die Ägypter theoretisch jeden Punkt in Israel unter Beschuss nehmen können […]“

Diese Mithilfe an den Vorbereitungen zur Zerstörung Israels, wie es im Artikel weiter heißt, wurden abgeschwächt durch Aussagen (oder Schutzbehauptungen?)  wie „Jedoch besaßen diese Raketen kein effizientes Lenkungssystem weshalb man schon damals – in erster Linie seitens der US-Regierung und in Kreisen der Bundesregierung – den militärischen Wert der Waffe für sehr gering erachtete,“  Da frage ich mich doch: Was ist das für eine heuchlerische Bundesregierung, die heute streng darüber wacht, dass während Begehungen von Holocaust-Gedenkstätten nicht gelacht wird, in der Vergangenheit aber aktiv an der von den Ägyptern geplanten Zerstörung des einzigen jüdischen Staates, dieser Welt, wenn auch „nur“ passiv, mitwirkte?

Wie der uns bekannte Autor Ulrich W. Sahm am 24.01.2018 in einer Rezension der ARD-Dokumentation „Der Mossad, die Nazis und die Raketen – Showdown am Nil“ (URL im Literaturverzeichnis) mitteilt, war „Spiegel TV“ zusammen mit dem anerkannten israelischen Geheimdienstexperten Ronen Bergman der „Macher“ dieser Doku. Sahm schreibt:

„Für den Film standen Bergman neu zur Veröffentlichung freigegebene geheime Dokumente des Mossad, also des israelischen Auslandsgeheimdienstes, zur Verfügung. Das Thema beschäftigt schon seit vielen Jahren Bergman und die Historiker. Nur so erklärt sich, dass den Filmemachern Interviews mit verstorbenen israelischen Politikern wie Schimon Peres und Geheimdienstleuten zur Verfügung standen.“

Sahm merkt an, das es geschmacklos sei, „hinter den Namen der verstorbenen Juden ein Kreuzzeichen zu setzen, um zu zeigen, dass sie tot sind. Eine elegantere Lösung wäre es gewesen, hinter ihren Namen ihre Lebensdaten, also die Jahreszahlen, zu setzen.“, stellt jedoch weiter fest, dass der Film allein wegen der bisher unbekannten Informationen spannend und eine weitere Analyse wert sei. Allerdings fällt Sahm eine „eigenartige Gewichtung“ auf, wenn er schreibt:

„Doch unproblematisch ist die von „Spiegel-TV“ vorbereitete Darstellung der Vorgänge nicht. Es geht um deutsche Raketenexperten, die ihr ‚Handwerk‘ während des Zweiten Weltkriegs beim Bau der V-2 Rakete erlernt haben und nach dem Ende des Krieges in der von Amerikanern, Franzosen und Briten besetzten Bundesrepublik Deutschland ‚arbeitslos‘ geworden waren. Deutschland durfte zunächst kein Militär besitzen und auch keine Waffen herstellen.

Für diese deutschen Ex-Nazis, SS-Obersturmbannführer und Beteiligte an der Judenvernichtung Hitlers kam die Einladung des ägyptischen Präsidenten Gamal Adbel Nasser wie gerufen. Der überschüttete sie mit Geld und Vergnügen, damit sie für Ägypten Raketen bauen. Hierzu gibt es im Film einige fragwürdige Einstellungen und Behauptungen. Waren diesen Deutschen wirklich derart blauäugig, dass sie die Absichten der Ägypter nicht gesehen haben? Waren sie wirklich so überrascht, als Nasser Attrappen dieser Raketen bei einer Militärparade präsentierte?

Ägypten stand an der Vorderfront arabischer Staaten, die wenige Jahre zuvor, 1948, den gerade erst gegründeten jüdischen Staat vernichten wollten. Die anti-israelische Propaganda lief auf Hochtouren. Und es ‚kam‘ nicht zufällig 1967 zum Sechs-Tage-Krieg, wie im Film behauptet. Dem gingen intensive ägyptische Kriegsdrohungen und Vorbereitungen voraus, darunter die Sperrung der Meerenge von Tiran (eine Blockade des Hafens von Eilat und der Ölzufuhren nach Israel) und ein Abzug der UNO-Beobachter entlang der Sinai-Grenze zu Israel.“

Sahm zieht den einzig logischen Schluss, wenn er schreibt:

„Es ist ziemlich unvorstellbar, dass die Deutschen tatsächlich glaubten, nur für das Spaßvergnügen Nassers Raketen zu bauen, zu testen und dafür fürstlich belohnt zu werden. Fragwürdig sind deshalb auch einige Behauptungen der interviewten Israelis. Da wird als ‚Bluff‘ bezeichnet, dass die Raketen der Ägypter jeden Punkt in Israel erreichen und angeblich auch atomar bestückt werden könnten. Der Kampf des Mossad, vor allem gegen die deutschen Experten, wird als fehlgeschlagene Aktion dargestellt.“

Sahm weist darauf hin, dass es auch unter den Israelis Meinungsverschiedenheiten gab, doch er findet es für Israel ziemlich problematisch, „dass ausgerechnet Deutsche kurz nach dem Ende der Scho’ah und der Befreiung von Auschwitz nun an einem arabischen Projekt mitarbeiteten, die überlebenden Juden in ihrem Staat Israel auszulöschen.“

Anschließend erhebt Sahm gegenüber den Filmemachern schwerwiegende Vorwürfe, wenn er schreibt:

„Mit keinem Wort und keinem Bild wird dargestellt, was wohl passiert wäre, wenn die Deutschen tatsächlich erfolgreich fliegende Raketen gebaut und die Ägypter sie für ihren Krieg gegen Israel mitsamt atomaren oder chemischen Komponenten eingesetzt hätten. Die Dokumentation ‚Der Mossad, die Nazis und die Raketen‘ ist ein interessanter Film mit vielen neuen Erkenntnissen, der aber politisch nur die Absicht verfolgt, die deutschen Raketentechniker als harmlose, politisch naive Fachleute darzustellen, während die Hetzjagd des Mossad als sinnloses politisches Spiel mit tragischen Folgen für die ach so unschuldigen ehemaligen SS-Leute und anderen Ex-Nazis vorgestellt wird.“

Am Ende der Rezension resümiert Sahm:

„Wer auch nur kurze Zeit in einem arabischen Land unterwegs ist, kann sich des offenen Antisemitismus und Judenhasses in der arabischen Gesellschaft nicht entziehen. Hitler ist – bis heute! – ein Held auf der arabischen Straße. Das weiß jeder Deutsche, der auch nur kurze Zeit in Ägypten oder Syrien unterwegs war. Wieviel mehr muss das in den 1950er und 1960er Jahren der Fall gewesen sein.

Der Film moralisiert also, blendet aber fast völlig aus, welche Folgen die Kriegsabsichten der Ägypter für die Juden, also für Israel, gehabt haben könnten. Entscheidend ist dabei, dass es wieder mal Deutsche waren, die an der beabsichtigten Vernichtung Israels und des jüdischen Volkes aktiv beteiligt waren. Das wird stärker ausgeblendet und führt dazu, dass hier potenzielle deutsche Massenmörder entlastet und der israelische Mossad zu einem abscheulichen Mörderverein gemacht wird.“

Interessantes weiß auch die Journalistin Géraldine Schwarz am 15.02.2015 auf der Seite von Welt online zu berichten. Auch sie bezieht sich auf die Anwerbung deutscher NS-Männer und Kriegsverbrecher durch Ägypten (und auch Syrien). Sie berichtet über ein Gespräch mit einem älteren Herrn namens Mahmout Sabir, der die Geschichte eines deutschen Generalleutnants erzählte, der nach dem Zweiten Weltkrieg, von der katholischen Kirche gedeckt untergetaucht und schließlich in den Nahen Osten gelockt worden sei: General Schmitt. Diese Geschichte begann Ende der 1940er Jahre:

„Ägyptens König Faruk I. setzte einen geheimen Plan um. Er beauftragte einen Vertrauten damit, eine neue Armee aufzubauen. Dieser Mann war Adel Sabit, sein Cousin. Mahmout Sabits Vater. Der König und er hatten einen deutschen Generalleutnant im Blick, der im Zweiten Weltkrieg Kommandant einer Division des Afrikakorps war. Er hatte in der libyschen Wüste gegen die Briten gekämpft und galt als Held. 1947 war er aus britischer Kriegsgefangenschaft entlassen worden. Sein Name: Artur Schmitt, 61 Jahre alt.“

Dieser geheime Plan sei von der Arabischen Liga, einem Zusammenschluss arabischer Länder, ersonnen worden. Als sie den von ihr angezettelten Krieg gegen den neugegründeten Staat Israel verlor, erkannte sie, dass ihre Armeen nicht mehr auf dem neuesten Stand waren, und so beschloss sie, Hilfe von Fachkräften aus dem Ausland zu holen. Sie überlegten, wer dafür in Frage kämen und kamen, wie Sabit berichet, zu folgendem  Schluss:

„Der Generalsekretär der Arabischen Liga hat entschieden, dass die Besten mit dem meisten Wissen, die eigentlichen Erfinder der modernen mobilen Kriegsführung, die Deutschen sind.“

„Sie kannten sich mit Waffen aus und mit Strategien. Und vor allem brauchten die Krieger von gestern einen Unterschlupf. Oder eine neue Verwendung. In ihrem Land waren sie nicht mehr gut gelitten. Oder einfach arbeitslos,“

schreibt Schwarz weiter, um dann wieder auf General Schmitt zurückzukommen, der Sabit zufolge in Kairo untergetaucht war.

Er wurde als ,Mr. Goldstein‘ in einem Hotel im Zentrum einquartiert, um  als ein erster Schritt zur Föderation ihrer Staaten eine Armee aufzubauen, die über eine einheitliche Kommandostruktur und eine einheitliche Militärdoktrin verfügen sollte. Die Sache selbst war streng geheim. Nur König Faruk und Adel Sabit, die Führer der Arabischen Liga und der Generalstab der ägyptischen Armee waren eingeweiht.

Schwarz beschreibt, wie er einen Bericht von Schmitt an seinen Vater, Adel Sabit, hervorzog. Schwarz berichtet weiter:

„Schmitt schreibt, schuld an der Niederlage der Araber gegen Israel sei ‚eine unfähige ägyptische Führung, die nicht in der Lage war, die Vorteile der ersten Woche zu nutzen, den Juden das Gesetz ihres Handelns aufzuzwingen und den israelischen Staat in einem Blitzkrieg von höchstens zwei Wochen auszulöschen. Es ist der alte Duktus, als wäre das Dritte Reich nie untergegangen.

‚Mein Vater mochte Schmitt‘, sagt Sabit. Schmitt habe auf alle militärischen Fragen eine Antwort gewusst. ‚Schmitt verstand sich als Wehrmacht-General. Er war nicht in der SS. Die SS-Leute waren für ihn ein Fehler der Geschichte, Fanatiker ohne jeden militärischen Verstand.‘ Sabit klingt nicht, als ob er seinen Vater dafür verurteilte, gemeinsame Sache mit einem Mann wie Schmitt gemacht zu haben.“

Schwarz zufolge hatten Ägyptens Nachbarn ganz ähnliche Pläne mit Altnazis. Sie schreibt:

„Der syrische Staat hat in den Jahren 1948 und 1949 gut fünfzig alte Nazis angeheuert, darunter viele ehemalige Männer der SS, Hitlers Leib- und Prügelgarde. Auch Syrien will mit ihrer Hilfe die eigene Armee neu aufstellen und seinen Geheimdienst neu organisieren. Alles nach deutschem Vorbild. Und die Regierung in Damaskus hat sie über die Rom-Connection angeworben. Rom war nach dem Zweiten Weltkrieg eine Drehscheibe für Nazis, die auf der Flucht waren und eine neue Aufgabe suchten. Angebote gab es reichlich. Amerikaner und Russen rissen sich um herausragende Wissenschaftler. Die Lateinamerikaner hießen Nazis und ihre Kollaborateure ohnehin willkommen.“

Schwarz berichet weiter, dass im Sommer ein gewisser „Dr. Homsi“ – anderen Dokumenten zufolge würde er als Dr. Hamsi bezeichnet – nach Rom gekommen sei. In Wirklichkeit seien beiden Namensversionen falsch gewesen, denn sein richtiger Name habe „Akram Tabarr“ gelautet. Dieser Mann sei ein syrischer Agent gewesen, der während des Zweiten Weltkriegs als Freiwilliger auf deutscher Seite gekämpft habe. Jetzt war er also in Rom und lernte dort einen ehemaligen leitenden Angestellten des Reichssicherheitshauptmanns Walther Rauff , der ebenfalls im Rom lebte, kennen.

Rauff sei bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs Chef der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes für das Gebiet Norditalien gewesen und kurz  vor der Kapitulation der Deutschen Wehrmacht in Mailand verhaftet worden. 1946 – die Amerikaner wussten zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass er am Holocaust beteiligt war – gelang es ihm zu fliehen, wie es im Artikel heißt. Sein Betrag zum Holocaust war Schwarz zufolge die Entwicklung von Lastwagen, in die Gas geleitet wurde. Weiter heißt es in Schwarz‘ Artikel:

„Rauff untersuchte, wie sich Kommunisten, Zigeuner, Behinderte und vor allem Juden in Osteuropa schnell und effektiv vernichten lassen. In seinen Gaswagen starben mindestens 700.000 Menschen. Jahrzehnte später sagte Rauff im Exil: ‚Für mich stand damals im Vordergrund, dass die Erschießungen für die Männer, die damit befasst wurden, eine erhebliche Belastung darstellten und dass diese Belastung durch den Einsatz der Gaswagen entfiel.‘“

Hier fällt auf, das Schwarz den Begriff „Zigeuner“ verwendet, was zu meiner Jugendzeit auch ganz in Ordnung war, während dieses Wort später zu einer Beleidigung (gemacht?) wurde, die man selbstverständlich zu unterlassen hatte. Stattdessen bürgerte sich der Begriff „Sinti und Roma“ als Bezeichnung für diese Menschengruppe ein, doch auch diesen „darf“ man heute nicht mehr benutzen, denn man dürfe ja nicht die Sinti mit den Roma in einen Topf werfen. Daher wurde der Begriff „Rotationseuropäer“ für diese Menschen eingeführt. Das erinnert ein wenig an die Entwicklung des Begriffes „Neger“ über mehrere Zwischenstufen zu „Afroamerikaner“ hin. Auch der Begriff „Behinderte“ wird von meinem Textverarbeitungsprogramm bemängelt. Mir wird vorgeschlagen, stattdessen den Begriff „behinderte Menschen“ zu verwenden und meine Schwiegertochter weißt mich hin und wieder darauf hin, dass man anstelle von „Behinderte“ „Beeinträchtigte“ zu sagen habe. Doch kommen wieder zu unserem eigentlichen Stoff zurück: Schwarz zufolge hat der deutsche Historiker und Rauff-Biograf Martin Cüppers herausgefunden, dass Rauff, der der SS angehörte, vom Päpstlichen Institut Santa Maria dell’Anima  – dem Sitz der deutschen und österreichischen katholischen Gemeinde in Rom – aus agiert habe. Der Vatikan habe gewusst, dass Männer aus ihren Reihen die deutschen Nazis deckten. Wörtlich scheibt sei:

„Der Heilige Stuhl warb offen für eine ‚allgemeine Versöhnung‘ mit den ‚Feinden von gestern‘. Es war seine Art, den Kampf gegen den Kommunismus zu stärken, dessen Atheismus die Macht der katholischen Kirche bedrohte.“

Das Auswärtige Amt habe die Strafverfolgung behindert, in dem es Altnazis warnte, wenn ihnen in Drittländern Verfolgung drohte. „Und Italien, der ehemalige Verbündete Hitler-Deutschlands“ führt Schwarz weiter aus, „drückte beide Augen fest zu.“ Die deutsche Botschaft in Rom zitierte einen hohen italienischen Beamten mit den Worten: „Am Tag, an dem der erste deutsche Verbrecher ausgeliefert wird, wird es eine Welle des Protests in jenen Ländern geben, die eine Auslieferung italienischer Verbrecher verlangen.“ Folgerichtig schließt Schwarz:

„Wenn man all das weiß, versteht man, dass es für Rauff ein Leichtes war, binnen weniger Monate über fünfzig Nazis nach Damaskus zu schleusen. Abenteurer aus den Fallschirmjäger-Divisionen der Wehrmacht, Piloten der Luftwaffe, SS-Mitglieder. Darunter waren einige Kriegsverbrecher. Gustav Wagner und Franz Stangl zum Beispiel, die Leiter der Vernichtungslager von Sobibor und Treblinka, in denen mehr als eine Million Juden ermordet wurden.“

Rauff begab sich, wie es weiter heißt, im November 1948 selbst nach Syrien, wo er erwartungsgemäß freundlich empfangen wurde. Schwarz stützt sich hier auf dies Aussagen eines Neffen Rauffs namens Hanns Jochen Emsmann.

Von einer nazifreundlichen Stimmung in den arabischen Ländern während der Zeit des sogenannten Dritten Reiches zu sprechen, ist nach dem was Schwarz schreibt, eine gravierende Untertreibung:

„Während des Kriegs konnte man in den Geschäften von Damaskus Hitler-Bilder finden und den Slogan hören: ‚Allah im Himmel, Hitler auf Erden‘. Und jetzt, da die deutschen Kriegsexperten von gestern ihre Arbeit aufnahmen, führte Syrien gemeinsam mit anderen arabischen Staaten Krieg gegen Israel, das sie als unrechtmäßigen Staat ansahen. Ein Land, das zu zwei Dritteln von Arabern und zu einem Drittel von Juden bewohnt war, von denen ein Großteil vor den Nazis geflohen war.“

(Auszug aus Roland M. Horns Buch: Blauer Stern auf weißem Grund –  Die Wahrheit über Israel.)

Roland M. Horn: Blauer Stern auf weißem Grund – Die Wahrheit über Israel (Cover)

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