Kriegszug über den Nordpol?

* von Roland M. Horn

Die Arktis (Orthografische Projektion) mit Landesgrenzen (Heraldry, CC BY-SA 3.0 <http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/>, via Wikimedia Commons)

Wird Russland Amerika angreifen?

Der amerikanische Autor und Anhänger der Zwei-Häuser-Theologie Steven M. Collins  sagte anhand von Hesekiel 38 und 39 bereits im Jahr 2005 voraus, dass “am Ende der Tage” Russland über den Nordpol Amerika angreifen werde. In diesen beiden biblischen Büchern ist auch die Rede von der interessanten Wendung “Und ich lenke Dich herum?” Diese Aussage will Hesekiel von Gott gehört haben. Nur: von Wo soll Russland herumgelenkt werden? Etwa von der Ukraine?

Kriegsvorbereitungen in der Arktis

Von Kriegsbereitungen in der Arktis haben wir bereits im Frühjahr gehört und nun lesen wir, dass Russland Hyperschallraketen in der Arktis stationiert und ein Krieg im Eis droht.

Wie aus einem Artikel des Business Insider (letztgenannte Quelle) hervorgeht, soll Moskau dabei sein, in der Arktis Stützpunkte aus der Sowjetzeit wieder zu öffnen, um dort neue hochmoderne Waffen – unter anderem die angesprochenen Hyperschallraketen – zu stationieren. Jedenfalls warnt der Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg davor, doch auch Experten sollen die Stationierung hochmoderner Drohnen für wahrscheinlich halten.

Acht Länder grenzen an die Arktis: die USA (!), Grönland, Finnland, Island, Kanada, Norwegen, Schweden und Russland (!). Verlockend für diese Länder dürfte die große militärische sowie wirtschaftlich Bedeutung aufgrund hoher Rohstoffvorkommen in der Arktis sein. Interessanter Weise wird in diesem Artikel auch China angesprochen, dessen Beteiligung an einem Krieg Russlands gegen Amerika über die Arktis Collins aus Hesekiel 38-39 herausließt.

Aufgrund der Aufrüstung von Russland mitten im (immer weniger werdenden) Eis der Arktis will die USA, nachdem Stoltenberg gegenüber der Welt am Sonntag seine Befürchtungen mitgeteilt hat – zusammen mit der NATO dort “stärker aktiv werden”. Und noch einmal wird betont, dass sich auch China sich zunehmend für die Region interessiere. Stoltenberg im Wortlaut:

“Die Nato muss ihre Präsenz in der Arktis erhöhen.”

Russland beansprucht große Teile der Arktis für sich

Wie der Business Insider mitteilt, erhebt Moskau in der Arktis Anspruch auf 1,2 Millionen Quadratmeter. Wie Wladimir Putin 2020 verkündet habe, ist das Aufrüsten der Region Teil seiner “großen Arktis-Strategie”, wie er 2020 veröffentlicht habe: Fünf neue Erdölprojekte und die Ansiedlung von Unternehmen sind geplant.  Moskau soll mit hohen Steuervorteilen Firmen zu Investitionen in diesem abgelegenen Gebiet bewegen.

Auf Stoltenbergs Ankündigung, die NATO-Präsenz in der Arktis zu erhöhen, sagte der Kremlsprecher Dmitri Peskow am 1. September gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax: “Wie nehmen dies negativ wahr” und: “Russland wird seine Interessen in angemessener Weise wahren.” Er warf dem Westen vor, mit seiner Ankündigung die Politik der Konfrontation gegen Russland fortzusetzen und verwies auf Sicherheitsbedürfnisse und wirtschaftliche Aktivitäten. Der russische Außenminister Sergej Lawrow wird mit einer Aussage aus dem vergangen Jahr zitiert, als er sagte: “Für jeden ist seit Langem vollkommen klar, das dies unser Territorium ist, das ist unser Land” um hinzuzufügen, dass es aus der Sicht des Kremls gälte, dieses Land um den Nordpol mit allen Mitteln zu verteidigen.

Wem gehört die Arktis?

Sicher gehört die Arktis nicht Russland allein, denn zu ihr gehören die Staaten USA, Grönland – als selbstverwaltetes Gebiet innerhalb des Königreichs Dänemark – sowie Finnland, Island, Kanada, Norwegen, Schweden und Russland.. Die Zusammenarbeit in der Region wird über den Arktischen Rat koordiniert. Jetzt hat Washington angekündigt, zum ersten Mal einen “Arktis-Sondergesandten” zu ernennen, um „die amerikanischen Interessen und die Zusammenarbeit mit Verbündeten und Partnern in der Arktis zu fördern.”

Bislang war es so, dass sich die acht genannten Länder regelmäßig trafen. Der Vorsitz rotiert alle zwei Jahre, und seit Mai 2021 hat tatsächlich Russland den Vorsitz von Island übernommen. Die Zusammenarbeit ist seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine eingefroren – die Sitzungen pausieren. Der Leiter des Deutschen Artisbüros am Helmholtz-Institut, Volker Rachhold, erklärte gegenüber dem Business-Insider:

“Die Arktis galt bis zu dem russischen Angriff auf die Ukraine als Modellregion für friedliche und konstruktive Zusammenarbeit. Insbesondere der 1996 etablierte Arktische Rat als Forum für die acht Arktis-Anrainerstaaten liefert wichtige Beiträge zum Umweltschutz und zur nachhaltigen Entwicklung der Region. Aufgrund des russischen Angriffs sind die Arbeiten des Rats momentan auf Eis gelegt.”

Schnelle Eisschmelze in der Arktis durch den Klimawandel lockt

Nebenbei ergibt sich bezüglich der Arbeit ein weiteres Problem. Im August ging aus einer Studie des Finnischen Meteorologischen Instituts in Helsinki hervor, dass die Erderwärmung in der Arktis viermal so schnell voranschreitet als im Rest der Welt.

Für Rachhold sind die jüngsten Entwicklungen nicht überraschend. Er sagt:

“Das verstärkte militärische Engagement Russlands ist bereits seit einigen Jahren zu beobachten und nimmt jetzt noch weiter zu. Die Reaktion der Nato ist daher nicht unerwartet, insbesondere angesichts des bevorstehenden Nato-Beitritts von Schweden und Finnland.”

Russland rüstet in der Arktis auf

Die alten Sowjet-Stützpunkte befinden sich in einem desolaten Zustand, doch der 1998 geschlossene Militärflughafen Seweromirsk-2, der nordöstlich von Murmansk liegt, soll wieder aufgebaut werden und 2030 wieder einsatzfähig sein, ungeachtet der hohen Summen, die dieses Projekt verschlingen würde. In den vergangenen Jahre wurde die marode Landebahn für kleinere Drohnen der russischen Nordflotte genutzt.

Der Kommandeur der russischen Nordflotte, Admiral Alexander Moisejew, sagte gegenüber der russischen TASS:

“Die Entwicklung und der Bau des Flugplatznetzes in der Arktis gehen weiter. Der Plan für die Entwicklung des Netzes bis 2030 sieht den Bau von zwei Flugplätzen in Nagurskoje und Temp sowie den Wiederaufbau von sieben Flugplätzen in Seweromorsk-1, Seweromorsk-2, Seweromorsk-3, Rogatschewo, Talagi und Kipleowo vor.“

Auch die ehemalige Wasserfluganlage in Safonowo, südlich von Seweromorsk in der Kola-Bucht soll Moisejew zufolge auch wieder in Betrieb genommen werden.

Im Jahr 2019, einen Tag nachdem der dänische Geheimdienst vor einer Verschärfung der geopolitischen Rivalität im Arktisgebiet gewarnt hatte, vermeldete TASS den Test einer Hyperschallrakete Kinjal (Dagger) eben in der Arktis. Eine weitere Hyperschallrakete – Zirkon – wurde im Februar dieses Jahres im Rahmen einer Übung abgefeuert. Die Fregatta “Admiral Gorshov” befand sich dem Artikel zufoge 150 bis 200 Seeweile westlich des russischen Sektors der Barentsee und somit in internationalen Gewässern, die dazu noch innerhalb der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) Norwegens liegen.

Rachhold äußerte gegenüber dem Business Insider:

“Die Arktis war bereits während des Kalten Kriegs aus militärischer Sicht für die beiden Blöcke geostrategisch höchst relevant. Der Nato-Beitritt von Schweden und Finnland führt jetzt dazu, dass die Nato und Russland in der Arktis unmittelbar aneinander grenzen.”

und weiter:

“Dazu kommt, dass das arktische Meereis mit der Klimaerwärmung rasant schmilzt und damit den Zugang zur Arktis und den dort lagernden Ressourcen – Öl- und Gas, mineralische Rohstoffe, aber auch Fischbestände – erleichtert.”

Für Russland ist die Arktis einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren des Landes, schließlich bezieht Russland knapp 90 Prozent seines Erdgases und 60 Prozent des Erdöls aus der Arktis.

China kommt ins Spiel

Ein wichtiger Faktor ist die Eisschmelze in der Arktis. So wird sie noch verlockender, da sich neue Schifffahrtswege öffnen, und nun kommt China ins Spiel. Rachhold sagt über die neuen Schifffahrtswege:

“Die sind insbesondere für China von Interesse, da sich die Distanz von Asien nach Europa im Vergleich zum traditionellen Seeweg durch den Suezkanal deutlich verkürzt.”

Schon im Jahr 2019 warnte der dänische Geheimdienst vor einer Nutzung der wissenschaftlichen Forschung durch Chinas Militär in der Arktis als Weg in die Region.

Angrenzende Länder wollen ihre Gebiete verteidigen

Für die Zukunft hieße das dem Business Insider zufolge, dass angesichts der großen Rohstoffvorkommen damit zu rechnen sei, dass alle angrenzenden Länder versuchten werden, ihre Gebiete zu verteidigen, um dort ihre eigenen Interessen durchzusetzen und zu bewahren. Wörtlich sagt der Business Insider: “Konflikte drohen da, wo Russland oder auch China versuchen, ihre Einflusssphären auszuweiten.”

Rachhold sagt dazu:

“Das sind natürlich keine guten Nachrichten für den Schutz der Arktis. Zum Einen sind verstärkte militärische Aktivitäten und zunehmende Ausbeutung der arktischen Ressourcen mit einer weiteren Gefährdung der sensiblen arktischen Umwelt verbunden. Zum Anderen sind wichtige Foren für den Umweltschutz, in erster Linie der Arktische Rat, durch den russischen Angriffskrieg zum Pausieren gezwungen.”

Auch die wissenschaftliche Zusammenarbeit würde unter einem solchen Szenario leiden.

BILD meldet sich zu Wort

BILD (Bezahlschranke) spricht in der für diese Zeitung tyischen Mainier reißerisch von “Putins geheimem Arktis-Plan” und behauptet, dass die Zeitung Einblick in eine Sicherheitsanalyse bekommen habe. Im Großen und Ganzen geht es dabei über die Informationen oben – nur etwas dramatischer geschildert. So heißt es:

“Und Putin zündelt: Er setzt – wie in Europa seit Jahren – auf das Spiel mit der Angst vor der Eskalation! Von der geheimen Polar-Insel Nowaja Semlja aus testet er neue Systeme und atomgetriebene Raketen.”

Es wird erwähnt, dass Russland seine Handelszukunft in der Arktis u. a. mit Geld aus China baut, das Putins “großes Eismeer-Vorbild” sei. Angeblich orientiert sich der Kreml an “der Strategie des kommunistischen Regimes von 2017, die im ‘Weißbuch der chinesischen Arktispolitik’ festgehalten ist.”

Daraus liest Bild eine “einfache Logik” heraus, die da lautet: “Weil es keinen Vertrag gibt, können wir machen, was wir wollen.” Die Autoren des Artikels benennen die “arktische Seidenstraße” als die Schiffsroute durch das Polarmeer und die strategische ‘Verbindung von Russland und China.

Bild schließt den Artikel mit den Worten:

Skandinavische Nachrichtendienste erkennen in der maritimen Aufrüstung Russlands ein hohes Risiko. Besonders neue Schiffe könnten der Nordflotte eine erhebliche Kampfkraft verleihen. Sie würden in der Lage sein, seegestützte Kampfgruppen aufzustellen mit weitreichenden Präzisionswaffen gegen See- und Landziele im gesamten Zuständigkeitsbereich der Nordflotte, heißt es in einer Einschätzung, die BILD vorliegt. Diese könnten von der Arktis bis zum Nordatlantik operieren.

Wird Russland durch die Arktis in Richtung Amerika ziehen?

Gehen wir doch mal tatsächlich davon aus, dass Russland und China sich den größten Teil der Arktis einverleiben. Was wird dann geschehen? Russland wird in Europa immer mehr an die Wand gedrängt, unterstützt und angetrieben durch die USA und die NATO. Wäre es da nicht für Russland zusammen mit China, das es nicht gerne sehen wird, dass der Westen Taiwan “wiederentdeckt” hat, eine Verlockung, direkt Richtung Amerika durchzubrechen, wo ein Mann, der nicht ganz zu Unrecht “Sleepy Joe” gennant wird, regiert?

Taiwan kommt ins Spiel

Während des Schreibens dieses Artikels erfahre ich, dass nach Angaben Taipehs am 02.09.2022 eine nicht identifizierte zivile Drohne in Taiwans Luftraum eingedrungen sei und abgeschossen wurde. Taiwan geht naturgemäß von einer chinesischen Drohne aus und der taiwanesische Premierminister Su Tseng-chang spricht von einer “angemessenen Reaktion” und warnt China vor weiteren Aktionen dieser Art. China freilich streitet ab, dass es die Drohne abgeschossen hat. Ähnliche Vorfälle hätten sich sogar am Dienstag zuvor sowie im August zugetragen. Weiter ist von zunehmenden Spannungen zwischen China und Taiwan die Rede abschließend heißt es erläuternd:

“Ein kürzlich stattgefundener Besuch der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi in Taipeh sowie eine nachfolgende weitere Reise von Beamten der niedrigeren Ebene aus den USA erregten den Zorn Pekings, das mit massiven Militärübungen in der Nähe Taiwans reagierte, darunter mit einer Übung, die eine Blockade der Insel simulierte.”

Erst vor Kurzem hatte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock, die geäußert hatte, dass sie die Ukraine an erste Stelle setzen werde, egal was deutsche Wähler denken, herausposaunt, dass sie Taiwan im Falle eines Angriffes Chinas auf den Inselstaat sofort beistehen würde…

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