Die USA müssen zur Realität als Grundlage ihrer Außenpolitik zurückkehren
Am Vorabend der von den USA geführten Invasion des Irak vor 20 Jahren war der erwartete Krieg von einem Gefühl des idealistischen Triumphalismus begleitet. Es war getrieben von einer immer noch rechtschaffenen Zorns nach den Anschlägen des 11. September 2001 und gestärkt von den schnellen siegen der USA über die Taliban in Afghanistan.
Das vorrangige Gefühl der US-Truppen, als sie sich jenseits der Grenze in der Wüste Kuwaits sammelten, war, dass sie die großen Befreier waren, die das irakische Volk von Saddam Hussein befreien würden, so wie ihre Großväter Paris von den Nazis befreiten.
Als damals eingebettete Reporterin bei der 3. Infanterie-Division der US Army kann ich bezeugen, dass der Enthusiasmus ansteckend und offen gesagt anregend war.
Aber es gab einen Fehler in dem System, der mit der Zeit das System selbst verschlang. Dieser Fehler war die Realität. Die Amerikaner hatten sich selbst eine Geschichte über den Irak und die Iraker erzählt, die nichts mit dem Irak oder Irakern zu tun hatte.
Der damalige Präsident George W. Bush und seine Top-Berater wurden von einer Ideologie des amerikanischen Messianismus geleitet. Nach ihrer Ansicht waren alle Menschen latente Amerikaner. Jeder wollte dieselben Freiheiten haben, die die Amerikaner genossen. Befreit das Volk des Irak von der Knechtschaft der Tyrannei Saddams, so lautete die Denke, und von Nasiriya bis Bagdad, von Trikit bis Kirkuk wird Freiheit herrschen, Schiiten, Sunniten, Kurden, Christen, Jesiden – alles Iraker – würden sich zusammenschließen und einen neuen Irak nach amerikanischen Vorbild aufbauen.
Nach dem ersten Hochgefühl der lächelnden Begrüßung durch Schiiten neben den großen Straßen wurde die brutale Realität des echten Irak und die Nicht-Allgemeingültigkeit amerikanischer Ideale mit jedem Tag, der verging immer deutlicher. Am Ende verzehrte die Realität die amerikanischen Kriegsanstrengungen.
Die Amerikaner reagierten auf verschiedene Weisen auf die kalte Dusche, die sie im Irak erhielten. Einige legten nach, hielten an ihrem messianischen Glauben an die heilenden Mächte der Wahlen fest und drängten auf Wiederholung des irakischen Tortur in Ägypten, der palästinensischen Autonomiebehörde und darüber hinaus.
Andere wuschen ihre Hände vor der Welt, begrüßten Isolationismus und sagten „zur Hölle mit allen“.
Wieder andere schreckten nicht vor der Welt draußen und ihren Pathologien zurück, sondern vor Amerika, das sie für die Pathologien der Welt verantwortlich machten. Und diese Amerikaner kamen 2009 an die Macht.
Auch Barack Obama war ein Messianist. Aber sein Messianismus unterschied sich von dem seiner neokonservativen Vorgänger. Die antikolonialistische Weltanschauung, die Obama mit seinen Beratern und Anhängern teilte, postulierte, dass der wahre „Messias nicht Amerika war, sondern die „edlen Wilden“ der nicht westlichen Welt. Sich selbst überlassen, weit weg von amerikanischen und westlichen imperialistischen Plünderungen, seien diese Nichtwestler die reinste, authentischste Form der Menschheit.
Ihre Gewalt, Antiamerikanismus und sogar ihr eigener kultureller und militärischer Imperialismus und Kriegsverbrechen wurzelten amerikanischen Exzessen und durch sie gerechtfertigt. Der Präsident, der 20 Jahre lang in den Kirchenbänken des Predigers saß, der auf den 11. September damit reagierte triumphierend zu erklären, dass sich „jetzt an Amerika gerächt wurde“, konnten für alles und jeden Ausreden finden, der sich gegen Amerika stellt.
Abgesehen von Amerika selbst war Israel das erste Opfer sowohl des neokonservativen als auch des antikolonialistischen Messianismus. Der jüdische Staat war das Opfer der neokonservativen Messianisten, weil ihre universalistische Sicht Amerikas bedeutete, dass es aus ihrer Perspektive nichts Einzigartiges oder an sich Wertvolles am jüdischen Staat gab.
Neokonservative machten die Vorstellung populär, dass die Grundlage für US-Unterstützung für Israel nicht ihre gemeinsames jüdisch-christliches Erbe und werte war, sondern die Tatsache, dass die Regierung Israels, wie die US-Regierung, mit der Einwilligung der Regierten herrschte. Sobald der Irak von Saddam und seinen baathistischen Schlägertypen befreit war, würden, darauf bestanden die Neocons, die Iraker genauso gute und verlässliche Verbündete sein wie die Israelis.
Aus dem gleichen Grund gab es nichts von Haus aus Falsches oder Negatives über die Muslimbruderschaft und ihrer terroristische Brut. Wie Bush irrsinnigerweise argumentierte, nachdem die Hamas die Palästinenserwahlen 2006 gewonnen hatte, würde das Joch der Regierungsverantwortung und Erwartungen von öffentlichen Diensten die jihadistische Terrorgruppe zwingen, sich vom Terrorismus und ihrer Weihung zur Vernichtung Israels loszusagen und ihre Energien der Reparatur von Schlaglöchern widmen.
Geleitet von dem Glauben, dass Israelis, Palästinenser, Iraker, Ägypter und Saudis allesamt, wie die Amerikaner selbst, latente Jeffersonianer (oder schlimmstenfalls Hamiltonianer) waren, nahmen Bush, Condoleezza Rice und ihre Team die pan-arabische Behauptung für wahre Münze, dass Israel für den arabisch-israelischen Konflikt verantwortlich zu machen ist.
Statt sich die einzigartigen Krankheitsbilder des Islamismus und arabischen Imperialismus, Judenhass und Stammestums anzusehen und ihre Rolle bei der Formung der Gesellschaften der arabischen Welt zu begreifen, bestehen die Amerikaner darauf, dass alles gleich sei, der islamische und palästinensisch-arabische Terrorkrieg gegen Israel unter sonst gleichen Bedingungen geführt wird und sich vom islamistischen Terrorkrieg gegen die USA und den Rest der Welt unterscheidet.
Anders als Typen wie Al-Qaida waren palästinensischer Terrorismus und die Ablehnung des Existenzrechts Israels irgendwie gerechtfertigt. Es musste so sein. Wie sonst könnten die USA erwarten, dass die Palästinenser und der Rest der arabischen Welt sich wie die Israelis handeln, sobald sie Wahlen abhalten?
Die Messianischen Scheuklappen der Administration Bush machten sie unfähig die Bedeutung der Erfahrung Israels im Libanon für ihre Erfahrungen im Irak zu verstehen. Hätten die Amerikaner anerkannt, dass Israel aufgrund ihrer gemeinsamen partikularistischen Werte und Erbe ihr Verbündeter ist und von seinen Nachbarn als solcher betrachtet wird, hätte Washington anerkannt, dass die dem Irak ähnlichste Gesellschaft der Libanon ist und Israels Erfahrung in seinen 18 Jahren Krieg im Libanon ihnen das meiste lehren kann, als sie sich darauf vorbereiteten Saddam Hussein zu stürzen.
Hätte die Administration das wahre Wesen der multiethnischen, traditionellen, gewalttätigen Gesellschaft begriffen, in die sie eintraten, dann hätten sie gewiss einen andern Plan zum Sieg entwickelt als ein Land zu demokratisieren, dem die Werte des Liberalismus so fremd war wie UFOs.
Für Neokonservative war islamistische Gewalt das Produkt lokaler Tyrannei. Für antiwestliche Kolonialisten war er das Produkt amerikanischer Tyrannei. In keinem der Fälle betrachteten die amerikanischen Messianisten Islamisten als den natürlichen Auswuchs ausgeprägter nationaler, religiöser oder Stammeskulturen und -Traditionen.
Was uns zu Obama und Israel bringt. Während die Neokonservativen die innewohnende Ähnlichkeit der jüdisch-israelischen und amerikanischen Werte nicht anerkannten oder verstanden, dass diese Wert als einzigartige statt als universalistische Grundlage des amerikanisch-israelischen Bündnisses dienten, betrachteten Obama und seine Anhänger Israel als Mikrokosmos Amerikas. Und genauso, wie sie vor dem Amerikanismus zurückschreckten, der für sie imperialistischen Chauvinismus ist, hassten sie Israel.
Sie glaubten, dass Israel, wie Amerika, von Natur aus rassistisch sei, weil es partikularistisch sei. Genauso wie amerikanische Ureinwohner, Südamerikaner, Iraner und andere die Opfer von amerikanischem „Kolonialismus“ seien und das Recht hätte es zu hassen, seien die Palästinenser Opfer israelischer „Kolonialisten“ und ihr „Widerstand“ gerechtfertigt.
Die messianische Blindheit der Neokonservativen gegenüber der Realität führte dazu, dass der Irak dem Iran in die Hände fiel und der Iran ohne Widertand durch ein Amerika aufstieg, dessen Selbstvertrauen durch seine verheerende Erfahrung im Irak geschwächt war.
Obamas antiwestlich-kolonialistischer Messianismus, der jetzt unter Präsident Joe Biden als ideologische Grundlage amerikanischer Außenpolitik wiederhergestellt worden ist, führte die Erneuerung russischer Macht im Nahen Osten und die aufstieg eines beinahe atomaren Iran herbei.
Er brachte Revolution und Gegenrevolution nach Ägypten und destabilisiert die sunnitisch-arabische Welt als Ganzes zum ersten Mal in 90 Jahren, was die Grundlagen der amerikanischen Macht in Nahen Osten erschütterte.
Donald Trump wollte das Schiff der amerikanischen Staatskunst in der Region und weltweit wieder auf den richtigen Kurs bringen, der dem Messianismus zugunsten nationaler Interessen entsagt. Seine Nahost-Politik ermöglichte die Abraham-Vereinbarungen und den Beinahe-Zusammenbruch der iranischen Wirtschaft als er das Amt abgab. Beide Leistungen machten deutlich, dass er etwas vorhatte.
Aber Trump wurde auf Schritt und Tritt von seinen messianisch-neokonservativen und -antikolonialistischen Vorgängern untergraben und von seinen isolationistischen Anhängern eingeengt. Die von ihm gemachten Fortschritte reichten nicht aus, um der Erneuerung von Obamas antiwestlichem Messianismus unter Biden vor zwei Jahren zu widerstehen.
Heute, nach acht Jahren des neokonservativen Messianismus und 10 Jahren und anhaltenden antikolonialistischen, antiwestlichen Messianismus wackelt Amerikas Stellung in der Region und der Welt und stürzt in Richtung Zerstörung.
Obama hasste Israel, weil der jüdische Staat für ihn ein Mikrokosmos des Amerikas ist, von dem er glaubte, dass es für die Kriege der Region verantwortlich sei. Er wandte sich gegen Amerikas sunnitische Verbündete im Persischen Golf und gegen Ägypten, weil sie die USA eher als eine positive statt negative Kraft in der Region betrachteten.
Weil sie es versäumten amerikanische Macht so zu hassen, wie er es tat, legte Obama fest, dass die sunnitischen Regime nicht „authentisch“ seien und er machte sich daran sie durch Unterstützung der iranischen Mullahs und ihrer Verbündeten in der Muslimbruderschaft zu destabilisieren.
Weil Jihad eine logische Reaktion auf amerikanische Aggression sei, so die Ansicht, die weiter besteht, könnte Amerika durch die Stärkung der Jihadisten auf Kosten Israels und der sunnitischen Regime sie überzeugen Amerika in Ruhe zu lassen oder sie moralisch zu entschuldigen.
Amerikas verschmähte sunnitische Verbündete reagierten auf Washingtons Verrat mit der Suche nach anderen Optionen. Zuerst wandten sie sich an Israel. Dann wandten sie sich an Russland und China. Chinas Vermittlung im saudisch-iranischen Streit ist ein Beleg für die Überzeugung der Sunniten, dass den USA nicht mehr vertraut werden kann.
Der Bericht von dieser Woche, dass die VAE darüber nachdenken ihre Beziehungen zu Israel herabzustufen, ist Beleg für das zunehmende Gefühl bei den Arabern, dass Israel mit Amerika untergeht.
Die offene Unterstützung der Administration Biden für die Revolte der postzionistischen Eliten Israels scheint diese Bewertung zu stützen. Diese Eliten haben eine lange Geschichte darin die Bemühungen von Premierminister Benjamin Netanyahu zunichte zu machen, strategische Unabhängigkeit und die Mittel das Atomprogramm des Iran physisch zu zerstören. Stattdessen unterstützen sie lieber die von den USA angeführte Atom-Diplomatie und das Appeasement der Ayatollahs. Wenn Israel nicht als Gegengewicht zum Iran dient, dann ist es für die bedrohten Sunniten nicht von Wert.
Israels Erkenntnis aus einer Generation gescheiterten US-Messianismus muss darin bestehen, dass die Zeit gekommen ist Israels strategische Abhängigkeit von Uncle Sam zu beenden. Ein wiederhergestelltes Bündnis kann nur auf gegenseitigem Respekt und souveräner Unabhängigkeit gründen. Die rebellischen Eliten müssen zur Strecke gebracht werden.
Amerika Erkenntnis aus seiner allgemeinen Flucht aus der Realität muss darin bestehen die Wirklichkeit wieder an ihren angemessenen Platz als Grundlage für amerikanische Außenpolitik zu stellen. Das bedeutet nicht, dass die Märchenschaffer und Träumer auf die Weide geschickt werden sollten. Aber das Image Amerikas, das seine Macht und Vitalität wiederherstellen wird, ist keine Kreuzzugsbanner der universalen Freiheit. Es kein keine LGBT-Flagge mit einer Black Lives Matter-Faust in der Mitte.
Ein wiederhergestelltes Amerika wird eines sein, das eine aktualisierte Version der Ikonen der Vergangenheit vorlegt – Horatio Alger und der Lone Ranger. Sie erzählten die Geschichte eines freien Volks, das ausharrte und erfolgreich war, wie les bereit war den Preis für die Freiheit zu zahlen. Sie standen für sich selbst ein und hatten Erfolg durch harte Arbeit, Mut und Stehvermögen.
Das war der Traum, den Amerikaner hatten und der eine, den sie mit der Welt teilten. Wenn das wiederhergestellt ist, kann Amerika immer noch zu Größe zurückkehren. Wenn es ausweichend bleibt, wird der amerikanische Traum für sein Volk und die Welt entschwinden.