(Zum Beitragsbild oben: Ein öffentlicher Bunker, in dem beim Massaker am 7. Oktober vor einem Jahr Israelis ermordet wurden, in Südisrael an einer Straße nahe der Grenze zum Gazastreifen, 19. Sept. 2024 (Foto: Chaim Goldberg/Flash90))
Es geht um mehr als das Versagen einen Überraschungsangriff zu stoppen. Mythen über die Palästinenser, zwei Staaten und die Hoffnung auf einen illusorischen Frieden müssen ausrangiert werden.
Der erste Jahrestag der Hamas-Massaker am 7. Oktober in Südisrael fügt dem bereits mit Trauer-Tragödien in der jüdischen Geschichte gefüllten Kalender ein weiteres heiliges Datum hinzu. Aber der frische Schmerz dieses jüngsten Vorfalls jüdischen Leides erfolgt aus mehr als der Tatsache, dass er vor nur 12 Monaten stattfand. Der Krieg gegen islamistische Terroristen, der an diesem Tag begann, hält mit Kampfhandlungen gegen die Hamas im Gazastreifen und die Hisbollah im Libanon an. Und mehr als 100 der am 7. Oktober genommenen Geiseln sind immer noch vermisst, weil sie von palästinensischen Terroristen festgehalten werden.
Der Hauptzweck der Gedenkfeiern und Erinnerungen wird darin bestehen, um die zu trauern, die in dieser Orgie aus Massenmord, Vergewaltigung, Folter, Verschleppung und mutwilliger Zerstörung durch Hamas-Leute und gewöhnlicher Palästinenser, die sich an dem Chaos beteiligten, ihr Leben verloren. Es gibt wenig Zweifel daran, dass eine Menge von dem, was über den Jahrestag gesagt und geschrieben werden wird, sich um die Lehren dreht, die aus dem gezogen werden sollten, was an diesem Tag und dem folgenden Krieg geschah.
In Israel wird sich ein Großteil der Kommentar, so wie in den 365 Tagen davor, darauf konzentrieren, die Verantwortung für das massive Versagten dem Teil des israelischen Militärs, Geheimdienste und Politik anzuheften, die diese Katastrophe zugelassen haben. An der Spitze der Liste derer, die zur Verantwortung gezogen werden, wir Premierminister Benjamin Netanyahu stehen, unter dessen Führung die Katastrophe stattfand.
Andere verdienen es, mit ihm auf der Anklagebank zu sitzen, darunter die gesamte Führung der israelischen Verteidigungskräfte sowie die der Geheimdienste. Ihre Selbstgefälligkeit und blinder Glaube an die „Konzeptziya“, die Hamas könne und würde Israel nicht mit Macht angreifen, erklärt, warum die vielgepriesene IDF an diesem Morgen des Simchat Thora pennte.
Leider wurde diese Selbstgefälligkeit zur Hamas von den meisten führenden Politikern Israels geteilt, auch von denen, die gegen Netanyahu sind, wie der ehemalige IDF-Generalstabschef Benny Gantz und die ehemaligen Premierminister Yair Lapid und Naftali Bennett, die alle hoffen, Netanyahu nach den nächsten Wahlen zu ersetzen. Die Wahrheit ist, dass niemand aus denen, die als „rechtsextrem“ gelten, die Vorstellung zurückwies, die Hamas könne im Gaza kontrolliert und, wenn nötig, mit Geld aus dem Terror und den Iran unterstützenden Qatar befriedigt werden, um an der Grenze Ruhe zu haben.
Das ist ein Problem, das nicht nur eine Diskussion, sondern eine umfassende staatliche Untersuchung verdient, obwohl die Politisierung jeglicher solcher Bemühungen, wie alles andere in Israel, mehr als wahrscheinlich ist. Die Debatte um den 7. Oktober sollte nicht nur eine weitere Version dessen sein, was Israelis das letzte Jahrzehnt über Netanyahus scheinbar endlose Amtszeit gehabt haben. Wie immer das ausgeht oder nicht, es sollten weitere wichtige Fragen thematisiert werden.
Die Nachtbetrachtung zur Katastrophe des 7. Oktobers sollte nicht darauf beschränkt werden, wie und warum die Hamas in der Lage war, die Grenze so leicht zu durchbrechen, was einen Horror-Tag in Gang setze, der der schlimmste Vorfall von Massengemetzel an Juden seit dem Holocaust war.
Sowohl in Israel als auch in der Diaspora muss die Diskussion über das Geschehene sich auch um die breiten Fehlvorstellungen drehen, die nicht nur halfen, diese gewaltige Katastrophe herbeizuführen, sondern die eine Wiederholung in der Zukunft möglich machen würden. Das gilt besonders für die USA, wo die öffentliche Diskussion über den Krieg der Hamas sich weiter auf Mythen konzentriert, die man schon vor langem hätte zurückweisen müssen.
Die „Lösung“ wurde ausprobiert und scheiterte
Der Glaube an die Idee einer Zweistaatenlösung für den Konflikt verflüchtigte sich in Israel nach dem Scheitern der Oslo-Vereinbarungen von 1993 mit dem Ausbruch der zweiten Intifada im Jahr 2000, die fast fünf Jahre Selbstmord-Bombenanschläge in jeden Bereich des israelischen Zivillebens brachte. Das Zweistaaten-Konzept wurde von der Mehrheit der Israelis inmitten der Euphorie akzeptiert, die folgte, als diese Vereinbarungen im September 1993 auf dem Rasen vor dem Weißen Haus unterschrieben wurden. Aber die einst dominierenden israelischen Parteien der Linken wurden zerstört, als die Palästinenser – damals angeführt von Erzterrorist Yassir Arafat, den Kopf er PLO – bewiesen, dass sie sie lediglich als Sprungbrett zur Vernichtung des jüdischen Staates betrachteten.
Das wurde nach 2005 sogar noch deutlicher, als der damalige Premierminister Ariel Sharon jede einzelne israelische Siedlung, jeden Siedler und Soldaten aus dem Gazastreifen abzog, ein vergeblicher Versuch, sich von den Palästinensern „abzukoppeln“. Manche Linke, besonders in den USA und Europa, klammerten sich an die Lüge, der Gazastreifen sie trotzdem immer noch von Israel „besetzt“ oder ein „Freiluftgefängnis“. Der Streifen hätte – mit der Hilfe der Milliarden an westlicher Auslandshilfe – in ein palästinensisches Singapur verwandelt werden können; stattdessen wurde er 2007 von der Hamas übernommen, die aus ihm in eine Terrorfestung machte.
Genauer gesagt war es in den 16 Jahren bis zum 7. Oktober ein unabhängiger palästinensischer Staat, bis auf den Namen. Als solcher war er ein Experiment, das demonstrierte, was einen Zweistaatenlösung, die ein weit größeres und strategisch bedeutenderes Judäa und Samaria (die „Westbank“) bedeuten würde.
Zu denen, die sich dieser grundlegenden Tatsache am stärksten widersetzten, gehörten diejenigen, die die am 7. Oktober scheiterten. In den Jahren nach der Machtübernahme der Hamas nahm ich an Dutzenden öffentlicher Debatten mit einem linken Kollegen, dem ehemaligen Chefredakteur des Forward, J. J. Goldberg, über die Zweistaatenlösung und damit verbundene Themen teil. Wenn ich herausstellte, dass die meisten Israelis die Idee einer Wiederholung von Sharons Gaza-Experiment in Judäa und Samaria weniger als unklug, sondern als Wahnsinn betrachten, antwortete er ausnahmslos immer, dass seine Quellen in Israels Geheimdienst-Gemeinschaft das anders sehen. Sie waren sicher, sagte er, dass die vielen Bemühungen „das Gras zu mähen“ – ein Begriff, der sich auf Israels regelmäßigen Bemühungen 2009, 2012, 2014, 2019 und 2021 die militärischen Fähigkeiten der Hamas mit offensiven Operationen abzubauen – demonstrierte, dass selbst ein von Terroristen kontrollierter Palästinenserstaat keine wirkliche Bedrohung Israels darstelle.
Die Ereignisse vom 7. Oktober haben gerade bewiesen, wie falsch sie lagen.
Doch nichts davon scheint in das Bewusstsein des amerikanischen außenpolitischen Establishments vorgedrungen zu sein, insbesondere bei Leuten wie Kamala Harris, die für eine Zweistaatenlösung als Teil dessen werben, wie ihrer Meinung nach die Reaktion der Welt auf den 7. Oktober aussehen sollte.
Es gibt zwar einzelne Palästinenser, die an die Idee von Frieden mit Israel glauben mögen, aber sie sind isoliert und sind den Hamas-Anhängern, des Palästinensischen Islamischen Jihad und der sogenannten „Moderaten“ der Fatah (deren 89-jähriger Führer Mahmud Abbas als Leiter der palästinensischen Autonomiebehörde amtiert) zahlenmäßig gewaltig deutlich unterlegen. All diese haben in den Satzungen ihrer Organisationen immer und immer wieder deutlich gemacht, dass sie einem jüdischen Staat die Legitimität verweigern, egal, wie seine Grenzen aussehen würden.
Die einzige relevante Debatte
Für Israelis und diejenigen andernorts, die das palästinensische Verweigerungsverhalten aufmerksam verfolgt haben, ist das nichts Neues. Nach dem 7. Oktober übersteigt der Glaube, dass der Konflikt durch Teilung des Landes gelöst werden kann, jegliche Vorstellungskraft. Der Sinn des Massen-Terrorangriffs bestand nicht darin die „Besatzung“ einer Küstenenklave zu beenden, aus der die Israelis 18 Jahr zuvor abgezogen waren, oder auf einen Abzug aus Judäa und Samaria zu drängen. Er stand für den palästinensischen Wunsch die Uhr auf 1947 oder sogar auf 1917 zurückzudrehen und den Staat Israel zu vernichten, selbst innerhalb der Grenzen, die vor 1967 bestanden.
Die weit verbreitete Unterstützung der Palästinenser für diese Bemühung (und der sich daraus ergebenen Gräueltaten) legt die Vergeblichkeit und den Wahnsinn eines jeden Versuchs offen, Israel dazu zu zwingen, territoriales Nachgeben zu betreiben, nur um einen weiteren Versuch der Gründung eines Palästinenserstaat zu schaffen. Palästinensische politische Kultur gründet einzig auf der Prämisse, dass der Zionismus und der jüdische Staat mit den Mindestforderungen ihrer nationalen Identität unvereinbar sind.
Das ist etwas, das allen Amerikanern inzwischen klar sein sollte. Der 7. Oktober hätte die Diskussion um zwei Staaten und den Friedensprozess für die absehbare Zukunft beenden müssen. Das ist für Amerikaner frustrierend und schwer zu begreifen, die glauben, dass Kompromiss immer möglich ist; genauso für Juden, die fest mit dem Glauben an millenaristische Lösungen verbunden sind, selbst wenn die Fakten vor Ort anderes sagen. Im Moment wird über Israel nur diskutiert, dass wichtig ist, was die Pro-Hamas-Mobs, die seit dem 7. Oktober die amerikanischen Straßen und Universitäts-Campusse besetzt haben, schon lange wollen: ob ein jüdischer Staat auf dem Planeten einer zu viel ist.
Die Antisemiten herausfordern
Das ist eine Haltung, die viele der amerikanischen Linken zunehmend übernommen haben. Tatsächlich ist das der Grund, dass israelfeindliche Protestler „from the river to the sea“ und „globalisiert die Intifada“ skandieren. Der ganze Sinn der woken Ideologie wie Kritische Rassentheorie und Intersektionalität, wie sie auf den Nahen Osten angewandt wird, besteht darin Israel als „Siedler/Kolonialisten“-Staat zu delegitimieren. Aus dieser Perspektive kann nichts, was es zu seiner Verteidigung tut – selbst gegen die barbarischsten Gegner wie Hamas und Hisbollah – fälschlich als „Völkermord“ bezeichnet werden, weil es aus ihrer Sicht praktisch nichts gibt, was Israel zu seiner Verteidigung tun kann, das gerechtfertigt werden kann. Und das ist der Grund, dass dieselben Leute die Gräueltaten vom 7. Oktober abtun (die sie, wie die Holocaust-Leugner, gleichzeitig rechtfertigen und bagatellisieren).
Und so obliegt es Israelis und Freunden Israels, andernorts aufzuhören, sich um Friedenspläne zu zanken oder so zu tun, als solle Israel „vor sich selbst gerettet“ werden, wie es der ehemalige Präsident Barak Obama für richtig hielt.
In Abwesenheit einer kompletten Verwandlung der palästinensischen Gesellschaft, die nicht ansatzweise in Sicht ist, ist jedes Eintreten für einen Palästinenserstaat in der Welt nach dem 7. Oktober durch diejenigen, die Israel unterstützen, eine einzigartige Form wahnhaften Denkens.
Der einzig logische Weg Israel in Zukunft zu verteidigen, besteht darin, diese Wahrheit anzuerkennen und aufzuhören diejenigen, die Israel dieselben Rechte zu verweigern, die jedem anderen Staat der Welt zugestanden werden, zu behandeln, als seien ihre Meinungen vernünftig und gut gemeint. Wir dürfen nicht zögern diejenigen, Städte wie New York mit Protesten „fluten“, die die Massaker des 7. Oktobers verherrlichen, als gerechtfertigten „Widerstand“ zu bezeichnen und sie als Antisemiten und Anhänger ausländischer Terrororganisationen zu anzuprangern.
Nach dem 7. Oktober dürfen wir nicht länger diejenigen, die gegen Israels Existenz sind, so behandeln, als gebe es einen Unterschied zwischen ihrer Haltung und der klassischen Judenhasses. Die brutale Wahrheit ist, dass diejenigen, die den einzigen jüdischen Staat auf der Erde auslöschen wollen, bestenfalls die „nützlichen Idioten“ der Mörder vom 7. Oktober sind, egal, ob sie ihre Haltung in dem verwurzeln, was sie „Antirassismus“ nennen oder ob sie sogar behaupten Juden zu sein. Im schlimmsten Fall sind sie deren aktive Anhänger.
So sehr Israelis die entscheidenden Fragen, wer den Löwenanteil an der Verantwortung für den Erfolg des brutalen Überraschungsangriffs der Hamas trägt, aussortieren müssen, es gibt wichtigere Lehren, die aus diesem Vorfall gezogen werden müssen, als nur eine weitere Wiederholung derselben Fragen, die nach dem Yom Kippur-Krieg von 1973 gestellt wurden, der mit einem ähnlichen Versagen begann. Das zu tun, wird für linke Amerikaner extrem hart sein, die an den Mythos der Zweistaaten-Lösung glauben, als sei das eine religiöse Doktrin, die am Berg Sinai von oben erteilt wurde. Wenn wir es aber versäumen sie zu ziehen, dann werden wir die Bühne für weitere Tragödien bereiten und zwar genauso, als würde die IDF beschließen ihre Selbstgefälligkeit von vor dem 7. Oktober zu wiederholen.