Die israelische Armee hat ihre Militäroperation in Dschenin nach knapp 44 Stunden für beendet erklärt und sich aus der Stadt im nördlichen Judäa und Samaria (Westjordanland) zurückgezogen. Mehr als 1.000 israelische Soldaten waren an der Operation beteiligt, die in der Nacht zum Montag mit Luftangriffen auf Ziele in der Stadt begonnen hatte. Angaben der Armee zufolge wurden mindestens acht Waffenlager und sechs Sprengstofflabore mit Hunderten von Sprengkörpern sowie weitere „Terror-Infrastruktur“ zerstört. Dazu gehörte auch mindestens eine von mehreren Terrorgruppen gemeinsam genutzte Kommandozentrale, die als „fortschrittliches Beobachtungs- und Aufklärungszentrum“ der Observierung israelischer Truppen diente. Auf von der israelischen Armee veröffentlichten Aufnahmen ist zu sehen, dass sich die Zentrale in unmittelbarer Nähe zu zivilen Einrichtungen, u.a. einer Schule, befand. Nach Gefechten mit Terroristen verschafften sich die israelischen Sicherheitskräfte am Montagnachmittag Zugang zur al-Ansari-Moschee, die die Terroristen zu einem „befestigten“ Rückzugsort umfunktioniert hatten und in der ein Waffen- und Sprengstoffversteck sowie ein unterirdischer Tunnel entdeckt wurde.
Geringer Widerstand, Bevölkerung flieht vor Gefechten
Israelischen Angaben zufolge leisteten die Terroristen nur „geringen“ Widerstand. Palästinensischen Angaben zufolge sollen 13 Palästinenser getötet und mindestes 100 weitere verletzt worden sein. Laut Armeesprecher Konteradmiral Daniel Hagari wurden mindestens 18 palästinensische Terroristen getötet, alle von ihnen seien an Gefechten mit israelischen Truppen beteiligt gewesen. Die Armee bestätigte, dass sich unter den verletzten Palästinensern auch einige Zivilisten befanden. Beim Abzug aus Dschenin wurde ein israelischer Soldat getötet. Die Armee prüft zurzeit, ob David Yehuda Yitzhak (23), ein Unteroffizier der Egoz-Eliteeinheit, möglicherweise durch Eigenbeschuss getötet wurde.
Mehrere Tausend Bewohner des Flüchtlingslagers Dschenin hatten am Montag ihre Häuser verlassen und waren vorübergehend in umliegenden Ortschaften untergekommen. Hagari erklärte, „jeder, der das Flüchtlingslager verlassen will, darf das tun“, und bekräftigte, Israel habe weder eine Evakuierung angeordnet noch den Bezirk abgeriegelt. „Wir liefen an den israelischen Truppen vorbei, als wir das Lager verließen. Die Soldaten verstanden, dass wir aufgrund der Situation gehen wollten, und sie taten uns nichts“, zitierte die israelische Nachrichtenseite Ynetnews einen Palästinenser. Ynetnews berichtete auch, dass einige Familien ihre Häuser unverriegelt zurückließen und Lebensmittel und Geld für die Terroristen bereitstellten.
Terror-Hochburg Dschenin
Dschenin, insbesondere das gleichnamige Flüchtlingslager, gilt als Terroristen-Hochburg und ist unter Palästinensern als „Märtyrer-Hauptstadt“ bekannt. Während der Zweiten Intifada (2000-2005) stammte eine überdurchschnittlich hohe Zahl Selbstmordattentäter aus der Stadt. In den letzten eineinhalb Jahren verübten Palästinenser aus Dschenin und Umgebung rund 50 Schusswaffenangriffe auf israelische Soldaten und Zivilisten, mit mehreren Toten. Im selben Zeitraum fanden 19 gesuchte Terroristen Zuflucht in der Stadt. Dschenin befindet sich seit 1993 unter vollständiger Verwaltung der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA). Diese ist laut Oslo-Abkommen verpflichtet, gegen Terroristen vorzugehen. Die PA verliert jedoch immer mehr die Kontrolle über Teile ihrer Gebiete, insbesondere über Dschenin und Nablus. Das Flüchtlingslager Dschenin ist ein Wohnbezirk in der Stadt, der 1953 entstand. Hier wohnen rund 18.000 Menschen auf engstem Raum. Es wurde über Jahre hinweg von israelischen sowie palästinensischen Sicherheitskräften gemieden.
Irak: Israelische Wissenschaftlerin entführt
Eine israelisch-russische Wissenschaftlerin wird seit Monaten im Irak von der pro-iranischen Schiiten-Miliz Kata’ib Hisbollah („Brigaden der Partei Allahs“) festgehalten. Das bestätigte das Büro des israelischen Premierministers am Mittwoch, nachdem internationale Medien über den Fall berichtet hatten. Elisabeth Tsurkov (36), eine Nahost-Expertin und Doktorandin der Princeton-Universität (USA), hielt sich im Rahmen von Forschungsarbeiten zu pro-iranischen Milizen im Irak auf. Offenbar reiste sie mit ihrem russischen Pass in den Irak ein. Die Presseagentur AFP zitierte Quellen im irakischen Geheimdienst, laut denen Tsurkov Ende März in Bagdad, in einem von westlichen Staatsbürgern frequentierten Stadtteil, entführt worden sei. Ein israelischer Regierungsbeamter stritt Gerüchte, Tsurkov sei eine Agentin des israelischen Auslandsgeheimdiensts Mossad, ab. Er bestätigte, dass sie am Leben sei.
Offenbar weiß Israel bereits seit Ende März von der Entführung und versucht seitdem über verschiedene diplomatische Wege Tsurkovs Freilassung zu bewirken. Beobachtern zufolge ist diese in naher Zukunft nicht zu erwarten. Israel und der Irak befinden sich seit 1948 offiziell im Krieg. Israelischen Staatsbürgern ist es verboten, in feindliche Länder wie dem Irak einzureisen, auch dann, wenn sie einen ausländischen Pass besitzen. Die Kata‘ib Hisbollah, nicht zu verwechseln mit der libanesischen Hisbollah, formierte sich 2003 nach dem Einmarsch der US-Armee in den Irak. 2018 wurde sie Teil der sog. Volksmobilmachungskräfte, eine Dachorganisation v.a. schiitischer Milizen, die den Islamischen Staat (IS) bekämpfte. Obwohl sie damit Teil der irakischen Streitkräfte ist, ist die Kata‘ib Hisbollah den Iranischen Revolutionsgarden (IRGC) unterstellt. Sie wird von den USA und den Vereinigten Arabischen Emiraten als Terror-Organisation eingestuft.
Gaza-Terroristen feuern Raketen auf Israel
Terroristen im von der islamistischen Terrororganisation Hamas beherrschten Gazastreifen haben in der Nacht zum Mittwoch fünf Raketen auf südisraelische Ortschaften abgefeuert. Alle wurden vom Raketenabwehrsystem Iron Dome abgefangen. Die israelische Luftwaffe bombardierte daraufhin mehrere Terror-Stellungen in der Enklave. Laut Armee handelte es sich um „eine unterirdische Waffenwerkstatt, die von der Chemie-Einheit der Hamas genutzt wird, und eine Anlage zur Verarbeitung von Raketenkomponenten“. Trümmerteile einer abgefangenen Gaza-Rakete fielen auf das Dach eines Wohnhauses in Sderot sowie auf ein Kinderplanschbecken im Garten des Hauses. Die Familie berichtete, als mitten in der Nacht der Luftalarm ertönte, konnten sie den raketensicheren Schutzraum nicht mehr rechtzeitig erreichen. Als sie am Morgen die Trümmerteile im Garten entdeckte, „bekam [ich] einen Schock“, berichtete die Mutter.
„Das war meine größte Angst. Es ist nervtötend. Der Schaden ist weniger wichtig, aber das Gefühl… ich weiß nicht, was ich den Kindern sagen soll.“ Der Beschuss vom Mittwoch war der erste Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen seit dem fünftägigen Konflikt im Mai, als Terroristen des Palästinensischen Islamischen Dschihads (PIJ) 1.468 Raketen auf Israel feuerten.
Anschlag in Tel Aviv: Neun Verletzte
Bei einem palästinensischen Terroranschlag sind am Dienstag in Tel Aviv neun Menschen verletzt worden, vier von ihnen schwer. Unter den Schwerverletzten befand sich auch eine schwangere Frau, die infolge des Anschlags ihr ungeborenes Kind verlor. Ein 20-jähriger Palästinenser aus as-Samu, einem Ort südlich von Hebron (Judäa und Samaria/Westjordanland), rammte mit seinem Fahrzeug eine Gruppe Menschen, die an einer Bushaltestelle wartete. Anschließend verließ er das Fahrzeug und griff Passanten mit einem Messer an. Er wurde von einem bewaffneten Zivilisten erschossen. Sicherheitsbehörden zufolge hielt sich der Terrorist illegal in Israel auf. Er war bisher nicht wegen terroristischer Aktivitäten bekannt. Am Montag griff ein 14-jähriger Palästinenser aus Dschenin einen Israeli in Bnei Brak, ein ultraorthodoxer Vorort Tel Avivs, an. Das Opfer erlitt leichte Verletzungen. Der Angreifer wurde von der Polizei verhaftet.
Schüsse auf Samariter
Am Mittwoch schossen palästinensische Terroristen aus ihrem Fahrzeug heraus auf ein Polizeiauto und einen Laden in einer Ortschaft der Samariter auf dem Berg Garizim. Es entstand Sachschaden. Die Samariter (Hebräisch: Schomronim) sind eine knapp 860 Personen zählende Minderheit, die vom Volk Israel abstammt und seit rund 3.500 Jahren auf dem Berg Garizim (südlich von Nablus/Sichem) lebt.
Jerusalem: Chirurgen operieren Kopf nach „innerer Enthauptung“ wieder an
Chirurgen im Hadassa-Krankenhaus in Jerusalem haben den Kopf eines 12-Jährigen wieder an seinem Hals befestigt. Infolge einer Kollision mit einem Auto hatte sich der Schädelknochen des Jungen von der Wirbelsäule gelöst. Die Verletzung wird als „innere Enthauptung“ bezeichnet und führt in den meisten Fällen zum Tod. Wie das Krankenhaus am Mittwoch bekannt gab, fand die Operation bereits Anfang Juni statt. „Wir haben um das Leben des Jungen gekämpft“, berichtete der leitende Orthopäde Dr. Ohad Einav. „Der Eingriff ist sehr kompliziert und dauerte mehrere Stunden. Wir setzten neue Platten und Fixierungen in den beschädigten Bereich ein.“ Suleiman H., aus dem Westjordanland (Judäa und Samaria), konnte vor kurzem mit einer Halswirbelschiene entlassen werden. Er wird weiterhin regelmäßig von Hadassa-Spezialisten betreut.
„Die Tatsache, dass ein solches Kind keine neurologischen Defizite oder sensorischen oder motorischen Störungen aufweist und dass es nach einem so langen Prozess normal funktioniert und ohne Hilfsmittel laufen kann, ist keine Kleinigkeit“, freute sich Einav. „Ich werde Ihnen mein ganzes Leben lang dafür danken, dass Sie meinen lieben einzigen Sohn gerettet haben“, bedankte sich der Vater des Jungen, der seinen Sohn während der Zeit im Krankenhaus begleitet hatte. „Ich segne euch alle.“ Die Verletzung ist laut Einav äußerst selten, Kinder sind jedoch anfälliger dafür, da ihr Kopf in Relation zu ihrem Körper größer ist. Laut einer 2021 durchgeführten Studie führt die Verletzung bei Kindern und Jugendlichen in 55% der Fälle zum Tod. Es wird vermutet, dass die Überlebenschancen Erwachsener noch geringer sind.
Zum Beitragsbild oben: Foto: IDF, Position einer Kommandozentrale von Terror-Gruppen in Dschenin, 03.07.2023 (nach ICEJ)